Urologische Klinik
Prostatakrebs
Der Prostatakrebs (Prostatakarzinom) ist die häufigste bösartige Tumorerkrankung des Mannes und stellt einen Behandlungsschwerpunkt in unserer Klinik dar. Diese Erkrankung zeichnet innerhalb der Gruppe aller an Krebs gestorbenen Männer für 10 Prozent der Todesfälle verantwortlich und steht nach dem Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) an zweiter Stelle bei den krebsbedingten Todesursachen der Männer. Das Krebs-Risiko steigt mit zunehmendem Alter: Autopsiestudien haben ergeben, dass jeder zweite Mann im Alter von 70 Jahren einen Prostatakrebs in sich trägt. Jedoch können auch Männer ab einem Alter von ca. 45 Jahren von der Erkrankung betroffen werden. Das Risiko, zu Lebzeiten an einem Prostatakrebs zu erkranken, liegt bei ca. 25 Prozent.
Da die genetische Veranlagung beim Prostatakarzinom mittlerweile bewiesen wurde, sind Männer mit Prostatakarzinomfällen bei Angehörigen (Vater, Großvater, Bruder, Onkel) besonders risikobehaftet. Eine Vorsorgeuntersuchung ist in diesen Fällen umso wichtiger, um die Erkrankung rechtzeitig erkennen und behandeln zu können.
Die Aggressivität eines Tumors wird anhand des sogenannten Gleason-Scores beurteilt. Je nach Score richtet sich auch das therapeutische Vorgehen.
Weitere Informationen und Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme finden Sie auf unserer Internetseite Prostatakrebszentrum Karlsruhe. Die Vollzertifizierung des Prostatakrebszentrums Karlsruhe durch die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) erfolgte 2022.
Da der Prostatakrebs im Anfangsstadium oft nur langsam wächst und v.a. in den äußeren Abschnitten der Vorsteherdrüse entsteht, treten Beschwerden häufig erst in fortgeschrittenen Stadien auf. Aus diesem Grund werden ca. 30 Prozent aller Karzinome erst zu einem Zeitpunkt entdeckt, zu dem sie nicht mehr komplett heilbar sind. Im fortgeschrittenen Stadium können sich die Tumoren durch lokale Beschwerden wie abgeschwächten Harnstrahl, Blut im Urin oder auch Impotenz bemerkbar machen, aber auch durch bereits erfolgte Absiedlungen: Metastasen in Lymphknoten können zu Bein- oder Genitalschwellungen führen, ein Befall von Knochen zu Knochenschmerzen, aber auch zu Blutarmut und Gewichtsverlust.
Da Prostatakarzinome im Anfangsstadium oft unbemerkt bleiben, ist eine Vorsorgeuntersuchung sehr wichtig, denn nur durch diese kann ein Frühstadium rechtzeitig diagnostiziert und richtig behandelt werden.
Vorsorge-Untersuchungen werden bei Männern ab dem 45. Lebensjahr empfohlen. Die Früherkennung basiert auf drei Untersuchungsmethoden: einer Blutentnahme, der rektalen Untersuchung (Tastbefund) sowie dem Ultraschall der Prostata. Bei der Blutabnahme wird das Prostata Spezifische Antigen (PSA) gemessen, dies ist ein Eiweiß, welches von der Prostata ins Blut abgegeben wird. Ist es auf Werte > 4 ng/ml erhöht, besteht zumindest der Verdacht auf einen Prostatakrebs, bis das Gegenteil bewiesen ist. Leider gibt es zur Zeit keinen festen Grenzwert für das PSA. Bei jungen und Risiko-behafteten Männern sollte der PSA-Grenzwert sogar auf 2,5 - 3 ng/ml abgesenkt werden. Das PSA wird zwar nur von der Prostata gebildet, kann allerdings nicht nur bei bösartigen, sondern auch bei gutartigen Veränderungen der Vorsteherdrüse zu hoch sein.
Der PSA-Wert gilt bislang als der beste Vorhersageparameter bezüglich des Prostatakarzinoms. Prostatakrebs entsteht sehr oft in den äußeren Zonen der Drüse, sodass vom Enddarm aus die Prostata, die sich in gesundem Zustand glatt und weich anfühlt, auf verdächtige Verhärtungen gut abgetastet werden kann. Bei der transrektalen Ultraschalluntersuchung der Prostata wird die Drüse auf Größe und Unregelmäßigkeiten untersucht, die Hinweis auf eine bösartige Veränderung geben kann.
Ist nun entweder der PSA-Wert erhöht oder die transrektale Untersuchung auffällig, muss eine weitere Abklärung erfolgen. Dies geschieht entweder direkt durch eine Gewebeprobeentnahme (Biopsie) der Prostata oder in Kombination mit einer MRT-Untersuchung (Kernspin) als sogenannte MR‑Fusionsbiopsie der Prostata. Allein die Gewebeprobe kann genaue Hinweise auf das Vorliegen eines Karzinoms liefern. In Kombination mit der speziellen Fusionstechnik können die Proben gezielt aus verdächtigen Arealen entnommen werden.
Hierzu wird nach Vorbereitung mit einem Antibiotikum sowie einem Abführmittel die Prostata unter Zuhilfenahme einer dünnen Nadel sonografisch kontrolliert biopsiert, die MRT-Bilder werden dabei mit den Ultraschallbildern überlagert. Insgesamt werden 16 bis 24 Proben entnommen.
Bei der transrektalen Prostatabiopsie werden die Proben über den Enddarm entnommen. Der Eingriff erfolgt in Lokalanästhesie (örtlicher Betäubung), ist weitgehend schmerzfrei und kann problemlos ambulant durchgeführt werden.
Die transperineale Biopsie wird bei bestimmten Indikationen angeboten. Bei diesem Verfahren werden die Proben über den Dammbereich entnommen. Der Eingriff erfolgt ambulant in Kurznarkose.
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Hat sich die Diagnose des Prostatakrebses nun bestätigt, werden zum Ausschluss möglicherweise vorhandener Absiedlungen eine Computertomografie (CT) des Beckens und/oder eine Knochenszintigrafie durchgeführt. Als modernes Diagnostikum wird in Zusammenarbeit mit den Kollegen der Klinik für Nuklearmedizin die PSMA-PET/CT Untersuchung angeboten.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach dem anfänglichen PSA-Wert, dem Gleason-Score und dem Vorhandensein von Metastasen. Handelt es sich um ein frühes Tumorstadium, so kann eine Heilung meistens erzielt werden.
Grundsätzlich stehen zwei Therapieverfahren zur Auswahl: die Radikaloperation der Prostata und die Bestrahlung. Bei beiden Therapieverfahren sollte der Patient noch in guter körperlicher Verfassung sein und eine Lebenserwartung von ca. 10 Jahren haben.
Heutzutage wird die radikale Prostataentfernung in > 90% der Fälle minimalinvasiv mithilfe eines Operationsroboters durchgeführt. Der Patient wird nach wie vor von einem Urologen und seinem Team operiert, der Roboter unterstützt u.a. durch eine hervorragende 3‑D‑Sicht, eine bis zu 12,5‑fache Vergrößerung und Miniaturisierung der Instrumente, welche die Bewegungen der Hände perfekt übertragen. Die Instrumente sowie eine laparoskopische Kamera werden durch 5-10 mm kleine Schnitte in der „Schlüsselloch-Technik“ in den Bauchraum eingebracht. Es handelt sich um ein Master-Slave-System, welches vom Urologen geführt wird. Durch die präzise Präparationstechnik können die besten onkologischen und funktionellen Ergebnisse hinsichtlich Kontinenz und Erektion erreicht werden.
Die Urologie im Städtischen Klinikum Karlsruhe ist als Zentrum für roboter-assistierte Chirurgie anerkannt.
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Alternativ wird die offene Radikal-Operation bei ausgewählten Patienten angeboten. Bei diesem Eingriff wird in Narkose über einen Bauchschnitt unterhalb des Nabels die Prostata samt Samenbläschen entfernt.
Risiken des Eingriffes – sowohl roboterassistiert als auch offen operativ – sind zum einen die (in der Regel gering ausgeprägte) Harninkontinenz, die sich unter Beckenbodentraining wieder auf ein Niveau wie vor der Operation einpendeln sollte. Des Weiteren wird zu einem gewissen Grad der Verlust der Gliedsteife eintreten. Dies ist dadurch bedingt, dass bei der Radikaloperation diejenigen Nerven geschädigt werden, die in unmittelbarer Nachbarschaft zur Prostata verlaufen und für die Erektion mitverantwortlich sind.
Durch verbesserte „nerverhaltende“ Operationsverfahren können diese Nerven jedoch unter bestimmten Voraussetzungen geschont werden, sodass eine Erektion je nach Patientenalter in ca. 30-70 Prozent mit oder auch ohne Hilfsmaßnahmen wieder möglich sein kann. Bitte fragen Sie Ihren Urologen oder Krankenhausarzt, ob diese spezielle Operationsmethode auch bei Ihnen möglich ist.
Gleichzeitig werden die Lymphknoten im kleinen Becken entfernt. In diesen Lymphknoten werden neben Gewebswasser aus den Beinen und dem Becken auch eventuell bereits vorhandene Tumorableger gefiltert. Studien haben gezeigt, dass auch bei bereits befallenen Lymphknoten durch deren Entfernung eine Überlebensverbesserung und teilweise sogar Heilung resultieren kann.
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Beim lokal begrenzten Prostatakrebs kann alternativ auch eine Strahlentherapie durchgeführt werden. Dies erfolgt entweder von außen als perkutane Form, oder durch „Spickung“ der Prostata mit radioaktivem „seeds“, Reiskorn-ähnlichen Strahlenquellen, die in die Prostata über die Dammregion eingebracht werden und somit den Krebs besiegen sollen. Die Prostata selbst wird bei diesem Eingriff allerdings nicht entfernt, und dieser Eingriff ist nur sinnvoll möglich, wenn Sie keine Probleme beim Wasserlassen haben und wenn die Prostata nicht zu stark vergrößert ist. Nebenwirkungen der Bestrahlung sind bleibende Schädigungen von Harnblase und Darm (Strahlenblase, Radioproktitis). Im Laufe der Zeit kann ebenfalls ein Verlust der Gliedsteife auftreten.
In bestimmten Fällen kann mittlerweile eine Behandlung eines wenig aggressiven Prostatakarzinoms durch die HIFU Behandlung (= hochintensiver fokussierter Ultraschall) erfolgen.
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Bei Patienten mit einem sogenannten Niedrigrisiko-Prostatakarzinom besteht die Möglichkeit einer aktiven Überwachung. Der Prostatakrebs wird primär kontrolliert und nur im Falle der Zunahme der Aggressivität oder bei Patientenwunsch behandelt. Nebst regelmäßiger urologischer Untersuchungen und PSA-Kontrollen schließt diese Strategie erneute Prostatabiopsien in regelmäßigen Abständen ein. Hierzu bieten wir im Rahmen unserer Prostatasprechstunde die Durchführung einer MR-Untersuchung der Prostata mit anschließender gezielter MR-Fusionsbiopsie an.
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Bei älteren oder anderweitig sehr kranken Menschen mit Prostatakarzinomen kann auch ein abwartend-kontrollierendes Verhalten gewählt werden: Hierbei wird der PSA-Wert engmaschig bestimmt und eine Therapie erst bei weiterem Tumorwachstum eingeleitet.
In diesem Fall ist eine Heilung nicht mehr möglich. Um die Krankheit zum Stillstand oder gar zum Rückgang zu bringen, kann dem Patienten das männliche Geschlechtshormon Testosteron durch Kombination von verschiedenen Medikamenten und Depotspritzen entzogen werden. Eine Alternative ist das operative Ausschälen des Hormon-produzierenden Hodengewebes. Nebenwirkungen können Hitzewallungen, Osteoporose oder eine Schwellung des Brustgewebes sein. Die früher häufig verabreichten Östrogene (weibliche Geschlechtshormone) werden heute wegen der gefährlichen Nebenwirkungen nicht mehr eingesetzt.
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Durchführung einer Chemotherapie abhängig vom Risikoprofil des Tumors und Allgemeinzustand des Patienten. Die kombinierte Hormontherapie als auch die Chemotherapie zählen heutzutage zum Standard in der Behandlung des metastasierten Prostatakarzinoms.
Im Falle von schmerzhaften Knochenmetastasen besteht die Möglichkeit einer Bestrahlung. Eine medikamentöse Stabilisierung kann durch Gabe von sogenannten Bisphosphonaten oder Denosumab (ein bestimmter Antikörper) erreicht werden, nachdem zuvor eine zahnärztliche Abklärung des Zahnstatus erfolgte.
Zeigt sich bei einer molekulargenetischen Untersuchung ein bestimmter Mutationsnachweis (sogenannte BRCA-Mutation), ist eine zielgerichtete medikamentöse Therapie möglich.
Bei Knochenmetastasen wird im Zusammenarbeit mit der Klinik für Nuklearmedizin die Radioligandtherapie angeboten. Bei dem Verfahren wird ein spezielles Medikament im Blut verabreicht, welches sich an die Tumorzellen ankoppelt und durch Abgabe von radioaktiver Strahlung die Krebszellen abtötet. Diese Behandlung gehört zu den jüngsten Therapieansätzen beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom.
Die Entscheidung über die empfohlenen Therapiemöglichkeiten wird im wöchentlich durchgeführten interdisziplinären Tumorboard gefällt, an welchem nicht nur die verschiedenen Fachkollegen des Klinikums sondern auch die niedergelassenen Urologen teilnehmen. Für jeden Patienten wird eine individuelle Behandlungsempfehlung ausgesprochen gemäß dem aktuellen Stand der Wissenschaft.
Wir pflegen die Zusammenarbeit mit den Kollegen aus der Schmerztherapie, Palliativmedizin, Geriatrie, Sozialdienst, Rehabilitationsmedizin, Ernährungsmedizin und Physiotherapie, um eine interdisziplinäre umfassende Behandlung der Patienten im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium gewährleisten zu können.