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Harnblasenkrebs

Blasenkarzinom

Das Blasenkarzinom ist nach dem Prostatakrebs der zweithäufigste bösartige Tumor des Urogenitalsystems. Es ist für 3,5 Prozent aller Krebstodesfälle verantwortlich. Männer sind 2,5-mal häufiger betroffen als Frauen. Vor dem 40. Lebensjahr tritt der Blasenkrebs selten auf. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr.

In Bezug auf die Einwirkung von externen Umwelteinflüssen, stellen der Nikotinabusus (Zigarettenrauchen) und der Kontakt mit bestimmten Chemikalien (sog. Nitro- und Amino-Verbindungen) die Hauptrisiken für die Entstehung des Blasenkrebses dar.  

Symptome, Dianostik und Therapie bei Harnblasenkrebs

Unter dem Mikroskop lassen sich die bösartigen Tumoren in verschiedene Typen einteilen. Am häufigsten (90-95 Prozent) finden sich papilläre Tumoren des Übergangsepithels der Harnblase – so genannte Urothelkarzinome. Selten finden sich auch Plattenepithel- und Adenokarzinome der Harnblase.

Nach internationalen Leitlinien werden die bösartigen Tumoren in entsprechende Stadien eingeteilt.

Die wichtigste Einteilung ist die TNM-Klassifikation der Union Internationale Contre Cancer (UICC). Die Stadien hängen von verschiedenen Faktoren ab. Dazu Zählen die Eindringtiefe des Tumors (T-Stadium), der Lymphknotenbefall (N-Stadium) sowie der Befund über Fernmetastasen (Absiedlungen in anderen Organen) (M-Stadium).

Harnblasenkarzinom werden in oberflächliche und muskelinvasive Tumoren hinsichtlich der weiteren Therapie unterteilt.

Für den Blasenkrebs gibt es keine sicheren Frühzeichen. Oftmals zeigt sich als Erstsymptom Blut im Urin (gelegentlich nur im Mikroskop nachweisbar) ohne gleichzeitige Schmerzen (schmerzlose Makrohämaturie). Dies bedarf der urologischen Abklärung. Störungen der Blasenentleerung mit häufigem, überfallartigem Harndrang, sowie Blasenkrämpfen können ebenfalls Symptome eines Blasentumors sein.

Aus diesem Grund sollte jede Veränderung der Blasenentleerung urologisch abgeklärt werden. Im weiteren Verlauf kann es durch das fortschreitende Wachstum des Blasenkrebses zu weiteren Symptomen kommen. So führt eine Einengung der Harnleitermündung in der Blase zu einer Harnstauung (Abflussbehinderung des Urins aus der Niere), welche mit Flankenschmerzen einhergehen kann. Dies kann zu einem Nierenversagen führen.

Das Einwachsen des Tumors in benachbarte Organe (Gebärmutter, Scheide, Prostata, Enddarm), kann zu weitern Symptomen und Beschwerden führen. Durch Lymphknotenschwellungen kann es neben einer Harnstauung auch zu einem Lymphstau in den Beinen, mit nachfolgender Beinschwellung kommen.

Um einen Blasentumor nachzuweisen oder auszuschließen sind verschiedene Untersuchungen notwendig. Ein entscheidender Punkt hierbei ist die Krankengeschichte (Anamnese), wobei der Patient über Veränderungen beim Wasserlassen (Blut im Urin, Harndrangsymptomatik) befragt wird. Daraufhin folgt die körperliche Untersuchung. In der Urinuntersuchung können Blut- oder Entzündungszellen nachgewiesen werden. Gleichzeitig wird unter dem Mikroskop der Urin auf Tumorzellen untersucht (Urinzytologie).

Zur weiteren Diagnostik stehen verschiedene bildgebende Verfahren zur Verfügung. Primär erfolgt eine Ultraschalluntersuchung. Hierbei können oftmals schon Tumoren der Harnblase nachgewiesen werde. Ebenso können auch indirekte Zeichen auf einen Blasentumor hinweisen. So kann ein Urinrückstau in die Nieren aufgrund einer Verlegung der Harnleitermündung durch einen Blasentumor entstehen.

Das wichtigste Instrumentarium zur Diagnostik ist die Blasenspiegelung (Zystoskopie). Hierbei wird mit einer dünnen Optik in die Blase geschaut und die gesamte Blase untersucht und ggf. ein Tumor nachgewiesen. Diese Untersuchung erfolgt üblicherweise ohne Narkose. Zur weiteren Ausbreitungsdiagnostik wird häufig eine Computer- oder Magnetresonanztomographie durchgeführt, eventuell auch eine Knochensztintigraphie.

Besteht in der Blasenspiegelung der dringende Verdacht auf einen Tumor, so ist es zwingend erforderlich, eine Gewebeprobe zu gewinnen. Mit der geplanten Gewebeentnahme kann gleichzeitig eine komplette transurethrale Resektion des Blasentumors (TUR-B) im Sinne einer Therapie in einer Sitzung erfolgen. Bei größeren Befunden erfolgt im Einzelfall ggf. nur eine Probeentnahme für die mikroskopische Beurteilung. Zur besseren Tumorerkennung wird zusätzlich die Fluoreszenzzystoskopie mit Blaulicht angewandt.

Der Nachweis eines bösartigen Tumors geschieht mikroskopische, histologische Beurteilung des Pathologen. Das Tumorgewebe wird speziell behandelt und die Mikroskopie durch den Pathologen vorgenommen. Sein Befund sichert das Vorliegen einer gut- oder bösartigen Veränderung. Ebenso erfolgt die Stadieneinteilung mit dieser Untersuchung (T-Stadium).

Hierbei wird mit einem speziellen Operationsendoskop durch die Harnröhre der Tumor aus der Blasenwand mittels einer elektrischen Schlinge entfernt. Die elektrische Schlinge ist von Hochfrequenzstrom durchflossen, der einerseits das Schneiden des Gewebes und andererseits die Blutstillung der Wunde mittels Koagulation (Verschorfung) ermöglicht. Zum Operieren in der Harnblase ist es erforderlich, durch Einspülen einer speziellen Spülflüssigkeit die Blase zu entfalten. Über Lichtleiterfasern wird das Operationsgebiet ausgeleuchtet, so dass jeder einzelne Operationsschritt unter vollständiger Sichtkontrolle durchgeführt wird. Zur besseren Tumorerkennung wird zusätzlich die Fluoreszenzzystoskopie mit Blaulicht angewandt.

Weitere Therapie

In Abhängigkeit desGewebebefundes des Pathologen und der durchgeführten Umfelddiagnostik (Computertomopraphie, MRT, Knochenszintigraphie) erfolgt nun die entsprechende Stadieneinteilung. Davon abhängig entscheidet sich das weitere Vorgehen.

Bei oberflächlichen Blasentumoren wird häufig eine sogenannte Nachresektion durchgeführt, um eine größtmögliche Sicherheit im Sinne der Tumorfreiheit zu erreichen. Zusätzlich erfolgen Spülungsbehandlungen der Blase mit Chemo- oder Immuntherapeutika nach festgelegten Schemata durch den behandelnden Urologen, um das Wiederauftreten des Tumors oder aggressive Tumorvarianten zu vermeiden.

Bei Tumoren, die das Oberflächenepithel der Harnblase (Urothel) durchbrochen haben und eine schlechte Zelldifferenzierung zeigen, ist aufgrund der hohen Gefahr des Wiederauftretens nach TUR-B und durch die Gefahr der Bildung von Tochtergeschwülsten oftmals die Entfernung der Blase (Zystektomie) mit Harnableitung erforderlich. Die Entfernung der Harnblase und die damit erforderliche Harnableitung haben auf das weitere Leben eines Patienten erhebliche Auswirkungen. Die Entscheidung hierzu wird immer nach sorgfältiger Information und ausführlichen Gesprächen mit dem Patienten getroffen.

Wichtige Überlegungen berücksichtigen Tumortyp, Stadium, Prognose, Alter des Patienten, Allgemeinzustand, Begleiterkrankungen und Geschlecht. Bei der Wahl der Harnableitung (Ersatzblase) wird in besonderem Maße dem Wunsch des Patienten Rechnung getragen.

Bei der radikalen Zystektomie werden neben der Harnblase auch die entsprechenden Lymphknoten und weitere Organe entfernt. Beim Mann sind dies die Prostata und Samenbläschen und ggf. auch die Harnröhre, sollte diese ebenfalls tumorbefallen sein. Bei der Frau werden häufig zusätzlich die Gebärmutter, die Eierstöcke, ein Teil der Scheidenwand und die Harnröhre entfernt.

Durch die Entfernung der Harnblase kann der Urin nicht mehr gesammelt und gespeichert werden. Da die Nieren jedoch kontinuierlich ca. 1,5-2,5 Liter Urin pro Tag produzieren, ist eine „Harnableitung“ zwingend erforderlich. Hierzu stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. 

Kontinente Harnableitung

Bei den kontinenten (trockenen) Harnableitungen werden als Ersatz für die Harnblase zur Speicherung des Urins Reservoire aus verschiedenen Darmanteilen gebildet. Die Entleerung der neu gebildeten Reservoire erfolgt entweder auf natürlichem Weg über die Harnröhre, den Enddarm oder durch Selbstkatheterisierung über einen sogenannten Nippel. 

  • Urineinleitung in ein Reservoir aus Dünndarm (Ileum Neoblase)
    Aus einem ca. 60 cm langen, aus der Nahrungspassage ausgeschalteten, Dünndarmstück wird eine Ersatzblase (Reservoir) gebildet. Die beiden Harnleiter werden in die „Neoblase“ eingepflanzt und diese wird an die Harnröhre angeschlossen. Die Blasenentleerung erfolgt hierbei auf natürlichem Weg mit Hilfe der „Bauchpresse“ (Erhöhung des Bauchdruckes). Somit ist ein „normales“ Wasserlassen möglich.
  • Urineinleitung in den Dickdarm
    Die Verbindung der Harnleiter mit einem Teil des Dickdarms (Sigma) nennt man Ureterosigmoidostomie. Wird aus dem Teil des Dickdarms zusätzlich ein Reservoir angelegt,  so handelt es sich um einen Mainz-Pouch II. In beiden Fällen werden Harn und Stuhl zusammen über den After entleert. Für dieses Verfahren ist unabdingbar, dass der Schließmuskel des Afters hundertprozentig funktioniert. Dieses Verfahren ist nur wenigen geeigneten Patienten vorbehalten und muss ausführlich abgewogen werden.
  • Urineinleitung in ein Reservoir aus Dick- und Dünndarm
    (Mainz-Pouch I)
    Hierbei wird aus einem Teil des endständigen Dünndarms (Ileum) und dem Anfangsteil des Dickdarms (Coecum) eine Ersatzblase (Reservoir) gebildet. Beide Harnleiter werden in das Reservoir eingepflanzt und das Reservoir selbst über einen Kontinenzmechanismus (Nippel) an die Nabelgrube angeschlossen. Die Urinentleerung erfolgt hierbei über einen Einmalkatheter, welcher über die Nabelgrube in den Nippel und den Pouch vom Patienten selbst eingeführt wird. Am besten für die Konstruktion des Nippels eignet sich der Wurmfortsatz (im Volksmund Blinddarm). Hierbei wird nach Dehnung des Wurmfortsatzes dieser an die Nabelgrube angeschlossen (Appendix-Nabel-Stoma). Alternativ kann ein Nippel mit einem Teil des Dünndarms rekonstruiert werden. Damit kann der Patient nach Anleitung seine Blase mit einem dünnen Katheter selbst entleeren.

Inkontinente Harnableitungen

Bei den sog. inkontinenten Harnableitungen wird der Urin durch die Haut nach außen abgeleitet und dort mit einem Klebebeutel aufgefangen (Uro-Stoma = künstlicher Urinausgang). Man spricht hierbei auch von  einer „nassen“ Harnableitung, bei der Urin ständig in den Beutel tropft. Auch hier stehen folgende verschiedene operative Verfahren zur Verfügung.

  • Ileum-Conduit
    Hierbei wird ein ca. 15 cm langes Dünndarmstück aus der Nahrungspassage ausgeschaltet und zur Ausleitung aus der Bauchdecke benutzt. An das innere Ende werden die Harnleiter eingepflanzt, während das andere Ende an die Haut als Stoma eingenäht wird. Darüber wird dann ein Auffangbeutel für den Urin geklebt.
  • Harnleiterhautfistel (Ureterocutaneostomie)
    Einer oder beide Harnleiter werden direkt in die Haut eingenäht und mit Klebebeutel versorgt. Ein Nachteil dieser Methode besteht darin, dass die Durchtrittsstellen der Harnleiter durch die Bauchwand zu Engstellen neigen, welche dann eine zusätzliche dauerhafte Versorgung mit Harnleiterschienen notwendig machen. Diese Schienen müssen regelmäßig gewechselt werden.
  • Kolon-Conduit
    Hierbei wird anstelle des Dünndarms ein Teil des Dickdarms zur Konstruktion des Conduits benutzt. Dies ist z.B. bei begleitenden Erkrankungen des Dünndarms manchmal erforderlich.

Komplikationsmöglichkeiten

Die Anlage einer Harnableitung hat einen bedeutenden Einfluss auf die Lebensqualität des Patienten. Der Eingriffs selbst ist standardisiert und hochkmoplex, aber auch im weiteren postoperativen Verlauf können Probleme auftreten. Darüber muss der Patient ausführlich aufgeklärt werden. Neben den typischen Komplikationen während und kurz nach einem operativen Eingriff, sind jedoch die Langzeitfolgen und Komplikationen für die Lebensqualität entscheidend.
Eine eventuell auftretende Störung des Säure-Basen-Haushalts kann problemlos durch Medikamentengabe behoben werden. Hierzu kommt es, da durch den zur Harnableitung benutzten Darm saure Bestandteile aus dem Urin wieder aufgenommen werden, welches eine Übersäuerung im Körper zur Folge haben kann (sog. hyperchlorämische Azidose).
Einem eventuell nach Jahren auftretenden Vitaminmangel nach einer Darm-Operation muss durch Vitaminersatz rechtzeitig begegnet werden (z.B. Vitamin B12).

Chemotherapie

Beim Vorhandensein von Tochtergeschwülsten (Metastasen) des Blasenkrebses oder bei sehr weit fortgeschrittenen Tumoren, kann eine Chemotherapie erforderlich werden. Hierbei werden antitumorös wirkende Medikamente, sog. Zytostatika (Zellgifte) verabreicht. Diese Zellgifte wirken hauptsächlich auf Zellen im Körper, welche sich in einer Zellteilung befinden. Die Zellteilung ist für das Wachstum wichtig. Da bösartige Tumore ungebremst wachsen, sind diese besonders empfindlich für Zytostatika.