Mitte Dezember hatte der mobile Bildgebungsroboter Loop-X bei einem neurochirurgischen Eingriff im brandneuen Hybrid-OP des Klinikums Karlsruhe seine bundesweite Premiere. Das Hightechgerät bietet viele Vorteile für die Patienten und das Operationsteam. Während des Eingriffs fertigt das Gerät 2D- und 3D-Schnittbilder des Operationsbereichs an, die dann direkt in das Navigationssystem eingelesen werden und somit die Präzision des operativen Eingriffs erhöhen und eine entscheidende Verbesserung der Patientensicherheit bewirken. „Das Gerät kann bei der Operation durch den Chirurgen intuitiv gesteuert werden und anhand der Bilder, die auf großen Monitoren oder auch mittels 3D-Brillen gezeigt werden, kann der Operateur den Eingriff besser planen, seine Instrumente exakt steuern und die Lage von eingebrachten Implantaten direkt kontrollieren“, verdeutlicht Prof. Uwe Spetzger, Direktor der Neurochirurgischen Klinik.
Durch eine spezielle Ausrichtung der Durchleuchtung lässt sich deren Dosis optimieren, was wiederum den Patienten zugutekommt. Außerdem scannt das Gerät den Körper schneller und beschleunigt somit die Arbeitsabläufe während des Eingriffs. „Das moderne System kommt ohne den sonst üblichen Schaltraum aus und wird vom OP-Personal über ein mobiles, benutzerfreundliches Tablet gesteuert“, zählt Spetzger weitere Vorteile des Loop-X auf. „Das ringförmige Gerät ist sehr kompakt und verfügt gleichzeitig über eine breite Öffnung, die sich problemlos um den Operationstisch führen lässt. Mit diesem System sind Operationen am Gehirn, an der Wirbelsäule sowie an fast allen Körperteilen durchführbar.“
Die Patienten profitieren in einem hohen Maß von den Möglichkeiten des Loop-X. „Haben wir früher zur Diagnose und Kontrolle nur vor und nach der Operation mittels Computertomographie oder Magnetresonanztomographie Schnittbilder der betroffenen Körperregion erstellt, können wir jetzt während des Eingriffs jederzeit Aufnahmen generieren und nutzen“, freut sich Spetzger. „Durch die exakte computergestützte Navigation der Instrumente werden Korrekturoperationen unwahrscheinlicher.“ Außerdem hilft die hochwertige Bildgebung in Echtzeit den Operateuren, durch exakte Schnitte so viel gesundes Gewebe wie möglich zu erhalten.
Hybrid-OP und Loop-X stellen für Geschäftsführer Prof. Michael Geißler das Gate in eine neue Dimension des Operierens dar, weil sie hochmoderne Operationsverfahren mit leistungsstarken und hochauflösenden Bildgebungssystemen kombinieren. „Intraoperative Arbeitsprozesse werden kompakter, Eingriffs- und Narkosezeiten zunehmend kürzer, zusätzliche postoperative Kontrolluntersuchung verringern sich und Operationsergebnisse werden noch präziser. „Die Patientensicherheit, unterstreicht Geißler, wird dadurch gerade bei komplexen Wirbelsäulen- und Schädeloperationen deutlich erhöht.“
Mitfinanziert wurde der Loop-X durch die großzügige Spende einer ehemaligen Patientin der Neurochirurgischen Klinik und deren Ehemann. „Wir sind der Familie für diese Großspende sehr dankbar“, betont der Geschäftsführer. „Solche Spenden sind eine wichtige Stütze, um mit Anschaffungen wie dem Loop-X zeitgemäße Behandlungsverfahren anbieten zu können.“
Künftig werden neben der Neurochirurgie auch die Operationsteams der Hals-Nasen-Ohrenklinik, der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie der Unfallchirurgie und Orthopädie von dem Gerät und seinen Vorteilen profitieren.
Prof. Werner Heppt, Direktor der Hals-Nasen-Ohrenklinik, sieht für die HNO Einsatzmöglichkeiten bei der Behandlung von Tumoren der lateralen Schädelbasis, bei der Rekonstruktion des Gesichts im Falle schwerer Gesichtsverletzungen sowie bei der Platzierung von Cochlea-Implantaten. „Gerade bei der Einbringung eines Cochlea-Implantats verspreche ich mir viel vom Einsatz des Loop-X im Hinblick auf die intraoperative Kontrolle der Platzierung des Elektrodenkabels in der Hörschnecke.“
Auch für Prof. Anton Dunsche, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie ergeben sich künftig vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Denkbar sind seiner Einschätzung zufolge Eingriffe zur Entfernung ungünstig gelegener und schwer zugänglicher Tumoren im Bereich des Mittelgesichts und der Schädelbasis, Rekonstruktionen des knöchernen Gesichtsschädels nach Tumoroperationen oder Verletzungen des Mittelgesichts, besonders bei Beteiligung der Augenhöhle und die Behandlung von Fehlbissen. Die künftig nutzbare dreidimensionale Bildgebung während des operativen Eingriffs wertet Dunsche dabei als großen Vorteil. „Die dreidimensionale Planung von Rekonstruktionen und die Anfertigung von individuellen Implantaten zur Wiederherstellung von Gesichtskonturen spielen heute eine herausragende Rolle in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und haben zu einer deutlichen Verbesserung der Behandlungsergebnisse und der Lebensqualität für die Patienten geführt. Die korrekte intraoperative Positionierung der zum Teil vorher aufwändig geplanten Implantate zur Wiederherstellung der Gesichtskonturen kann künftig mit Hilfe des Loop-X abschließend kontrolliert und bei Bedarf noch während der Operation korrigiert werden.“
Prof. Christof Müller, Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Orthopädische Chirurgie ist ebenfalls begeistert von den Möglichkeiten des neuen Hybrid-OPs: "Bislang wurde bei Operationen an schwierigen anatomischen Lokalisationen wie Wirbelsäule, Becken und großen Gelenken hochauflösend mittels Computertomographie diagnostiziert und nach der Operation kontrolliert. Bei der Operation selbst, wo man eigentlich am dringlichsten auf eine gute Bildgebung angewiesen ist, stand bislang nur ein so genannter Bildverstärker mit deutlich schlechterer Auflösung zur Verfügung.“ Unter diesen Bedingungen ist es laut Müller nicht immer möglich, unerwünschte Implantatlagen zu vermeiden. In solchen Fällen, wurden im Zuge einer zweiten Operation, einer so genannten Revisionsoperation, Korrekturen erforderlich. „Durch den Hybrid OP haben wir jetzt die Möglichkeit, mit hoher Auflösung und Genauigkeit intraoperativ das Operationsergebnis zu kontrollieren. Durch die gleichzeitig vorhandene Navigation können wir künftig hochpräzise ohne zusätzliche Röntgenstrahlung passgenau Schrauben und Implantate auch an schwierigen anatomischen Strukturen mit großer Sicherheit einbringen“, verdeutlicht Müller. Bei der Lendenwirbelsäule sind dem Klinikchef zufolge die Strukturen noch recht groß und unerwünschte Schraubenlagen meist vermeidbar. An der Brust- und Halswirbelsäule sind die Strukturen, in welche Schrauben gesetzt werden, nur wenige Millimeter größer als die Implantate selbst. Der Zielkorridor zwischen erwünschter und unerwünschter Lage ist dadurch äußerst gering und auch sehr geübte Operateure sind Müller zufolge gefordert, zielgenau ohne Navigation und 3D Kontrolle zu operieren. Selbiges gilt auch für die Beckenchirurgie und die Rekonstruktion von Gelenken, bei welcher häufig mit den herkömmlichen Methoden nur unzureichende Röntgensichtverhältnisse erreicht werden. Für die Wirbelsäulentraumatologie, degenerative Wirbelsäulen- und Beckenchirurgie wie auch für die Rekonstruktion von schweren Gelenkbrüchen an Hüft- und Kniegelenk beginnt durch den Hybrid OP ein neues Zeitalter für die Orthopädie und Unfallchirurgie am Städtischen Klinikum."
„Sobald die Corona-Pandemie wieder einen Normalbetrieb in den Kliniken zulässt, planen wir zwischen zehn und fünfzehn Operationen pro Woche im Hybrid-OP ein. Auch technisch ist der Saal noch nicht am Limit, verspricht Geschäftsführer Geißler: „Unseren integrierten Operationsroboter Loop-X beabsichtigen wir bald, mit einem zusätzlichen Roboterarm auszustatten.“