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Lagebericht aus dem Klinikum am 10.12.2021

Einschätzung am 10.12.2021

Interviewpartner

  • Prof. Dr. med. Michael Geißler, Medizinischer Geschäftsführer
  • Elvira Schneider, Pflegedirektorin

 

Themenschwerpunkte

  • Einschätzung zur Lage bundesweit
  • Einschätzung zur Lage in Baden-Württemberg und der Region
  • Aktuelle Situation im Klinikum Karlsruhe

 

Einschätzung zur Lage bundesweit

Für den 10. Dezember meldet das Robert Koch Institut (RKI) 61.288 Neuinfektionen. Die bundesweite 7 Tage-Inzidenz geht damit weiter auf 413,7 zurück. Deutschlandweit wurden binnen 24 Stunden 484 Todesfälle verzeichnet, vor einer Woche waren es noch 390 Todesfälle. Aus dem Lagebericht des RKI vom 9. Dezember geht hervor, dass die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patient*innen je 100.000 Einwohner in sieben Tagen auf 5,75 gestiegen ist. Insgesamt haben gut 72 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfung gegen COVID-19 bekommen. Gut 69 Prozent wurden vollständig gegen COVID-19 geimpft, 20 Prozent haben bereits eine Booster-Impfung erhalten.

Der leichte Rückgang der 7-Tage-Inzidenz könnte laut RKI ein erster Hinweis auf eine sich leicht abschwächende Dynamik im Transmissionsgeschehen aufgrund der intensivierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung sein. Der hohe Infektionsdruck in der Bevölkerung bleibe bei den auch für die 48. KW verzeichneten Inzidenzwerten unverändert bestehen. Kinder und Jugendliche sind demnach weiterhin am stärksten von Infektionen betroffen und tragen mit Inzidenzen von über 900 bzw. 1.000 in den Altersgruppen der 5- bis 9- und 10- bis 14-Jährigen zu dem hohen Infektionsdruck bei. Dies zieht laut RKI einen weiteren Anstieg der schweren Krankheitsverläufe und der Todesfälle nach sich und macht das Auftreten von Impfdurchbrüchen wahrscheinlicher. Vulnerable Gruppen sowie Menschen in den höheren Altersgruppen seien am stärksten von schweren Krankheitsverläufen betroffen. Das Risiko einer schweren Erkrankung steige bereits bei den ab 50-Jährigen gegenüber jüngeren Erwachsenen deutlich an.

Aufgrund von regionalen Kapazitätsengpässen im intensivmedizinischen Bereich wurden nach Angaben des Instituts Umwidmungen von Intensivstationen für COVID-19-Patienten und Patientinnen und überregionale Verlegungen innerhalb Deutschlands notwendig. Es wurden demnach bereits mindestens 93 Patientinnen und Patienten über Bundeslandgrenzen hinaus anhand des Kleeblattkonzeptes verlegt.

Bis zum 07.12.2021 wurden in Deutschland laut RKI 28 Fälle der besorgniserregende Variante Omikron mittels Genomsequenzierung nachgewiesen. Bei 36 weiteren über das Meldesystem übermittelten Fällen bestehe ein Verdacht auf Omikron. Die Schwere der durch die Variante Omikron verursachten Erkrankung lässt sich derzeit nach Angaben der Experten noch nicht abschätzen.

Das Institut schätzt die aktuelle Entwicklung weiter als sehr besorgniserregend ein und geht davon aus, dass die Zahl weiterer schwerer Erkrankungen und Todesfälle weiterhin zunehmen wird und die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten regional überschritten werden. Nur durch eine Intensivierung der kontaktbeschränkenden Maßnahmen und rasche Erhöhung der Impfraten könne die Situation verbessert werden. Eine maximale Reduktion der Übertragungsraten sei auch notwendig, um die zu erwartende Ausbreitung der Omikron Variante zu verlangsamen. Deshalb werde die Unterstützung von jedem Einzelnen gebraucht.

Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland unverändert als sehr hoch ein. Für vollständig Geimpfte wird die Gefährdung als moderat angesehen, steige aber mit zunehmenden Infektionszahlen an.

Einschätzung der Lage in Baden-Württemberg und der Region

Die 7-Tage-Inzidenz betrug am 9. Dezember in Baden-Württemberg 491,7 pro 100.000 Einwohner. Der R-Wert liegt bei 1,005. Maßgeblich für die Entwicklung in Deutschland ist der Rückgang der Neuinfektionen in Bayern. In Baden-Württemberg ist noch keine Trendwende abzusehen, aber eine Abflachung der Infektionskurve.

Nach Daten des DIVI-Intensivregisters von Krankenhaus-Standorten mit Intensivbetten zur Akutbehandlung sind Stand 9. Dezember 662 COVID-19-Fälle in Baden-Württemberg in intensivmedizinischer Behandlung, davon werden 372 invasiv beatmet. Der Anteil an COVID-19-Fällen in intensivmedizinischer Behandlung an der Gesamtzahl der betreibbaren ITS-Betten beträgt 28,9 Prozent. Die Hospitalisierungsinzidenz liegt bei 5,7 Prozent.

Laut Verwaltungsstab der Stadt Karlsruhe bewegen sich die Infektionszahlen im Stadt- und Landkreis Karlsruhe weiterhin auf einem gleichleibend sehr hohen Niveau mit leicht abfallender Tendenz. Die Anzahl der erfassten Todesfälle liege über dem Niveau der dritten Welle. Eine weitere Erhöhung werde befürchtet.

Die Lage in den Kliniken in Stadt- und Landkreis ist laut Verwaltungsstab weiterhin sehr angespannt. Die Todesfallrate liege auf den Intensivstationen im Stadt- und Landkreis bei 30 bis 35 Prozent, wobei 80 bis 90 Prozent der Verstorbenen ungeimpft seien. Experten erwarten demnach eine Verdrängung der Delta-Variante durch Omikron am Anfang des nächsten Jahres.

Im Cluster Karlsruhe sind 66 Betten von 172 Intensivbetten belegt. In Karlsruhe gibt es aktuell noch ein freies Intensivbett von 95 Betten.

Stand 10. Dezember liegt der Inzidenzwert für Karlsruhe Stadt bei 327,5 und im Landkreis bei 438,2 (https://corona.karlsruhe.de/aktuelle-fallzahlen).

Aktuelle Situation im Städtischen Klinikum Karlsruhe

Die Lage im Klinikum ist unverändert angespannt. Das Klinikum befindet sich weiterhin in Pandemiestufe 3. Die Anzahl der Patient*innen hat sich in den vergangenen zwei Tagen auf den COVID-Normalstationen noch einmal merklich erhöht, nachdem sie sich zuvor auf hohem Niveau stabilisiert hatte. Aktuell müssen drei Vollstationen für COVID vorgehalten werden (47 Betten). Auch in den COVID-Intensivbereichen ist die Zahl der Patient*innen stabil. Die Beschäftigten arbeiten an der Belastungsgrenze, die ausgedünnte Personaldecke macht weiterhin viele Personalverschiebungen zwischen den Bereichen notwendig.

Momentan steht kein freies Intensivbett zur Verfügung. Neben den 14 COVID-Intensivpatient*innen sind 35 Betten durch non-COVID-Intensivpatient*innen/Notfälle belegt. Die Angaben beziehen sich auf den Bereich der Erwachsenen. Zusätzlich sind drei Corona-infizierte Kinder

Die Kapazität im Intensivbereich ist durch den Mangel an Intensivpersonal weiterhin eingeschränkt (rund 31 Prozent der Betten sind gesperrt). Deshalb wird die maximale Auslastung des Klinikums im Vergleich zu vorangegangenen Wellen deutlich früher erreicht. Es müssen nach wie vor planbare Operationen und internistische Eingriffe verschoben werden.

Dazu kommt, dass für die Betreuung von COVID-Intensivpatient*innen wesentlich mehr Personal benötigt wird, als für non-COVID-Intensivpatient*innen. Während eine Intensivpflegekraft laut Verordnung zu den Pflegepersonaluntergrenzen am Tag 2 und in der Nacht 3 Patienten betreut, sind es bei COVID-Patient*innen rechnerisch nur 1,5 Patient*innen. Daneben werden Pflegekräfte aus anderen Bereichen zur Unterstützung eingesetzt. Das Klinikum setzt umfangreiche Schulungsmaßnahmen ein, um diesen Pflegekräften die adäquate Behandlung der COVID-Patient*innen zu ermöglichen. Jede/r zusätzliche COVID-19-Intensivpatient*in führt somit zu einer Reduktion der Intensivkapazitäten insgesamt.

Aktuelle Personalsituation

Im Bereich des Pflege- und Funktionsdienstes fallen aktuell 187 Mitarbeitende durch Krankheit, Quarantäne oder Beschäftigungsverbot aus. Davon befinden sich 40 Mitarbeitende in Quarantäne oder im Beschäftigungsverbot.

Wir stellen zunehmend fest, dass Quarantänemaßnahmen umgesetzt werden müssen, weil im Familienumfeld Kontakte mit Infizierten vorhanden sind.

Externe Teststelle

Seit 9.12. existiert eine externe Teststelle im Klinikum für die Bürger*innen rund Mitarbeiter*innen (Öffnungszeiten Mo. bis So. 8 bis 17 Uhr).

Im Impfzentrum des MVZ wird neben den Bürgern bis Weihnachten allen Mitarbeitenden ein Termin für die Boosterimpfung angeboten werden.

Das Bild zeigt ein Portrait von Oliver Stilz
Autor: Oliver Stilz