Presse

Lagebericht aus dem Klinikum am 03.12.2021

Einschätzung am 03.12.2021

Interviewpartner

  • Prof. Dr. med. Martin Bentz, Direktor Medizinische Klinik III
  • Prof. Dr. med. Franz Kehl, Direktor der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin
  • Elvira Schneider, Pflegedirektorin

 

Themenschwerpunkte

  • Einschätzung zur Lage bundesweit
  • Einschätzung zur Lage in Baden-Württemberg und der Region
  • Aktuelle Situation im Klinikum Karlsruhe
  • Einsatz von Rettungssanitäter*innen im Klinikum
  • Einschätzungen zur Omikron-Variante
  • Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz

 

Einschätzung zur Lage bundesweit

Für den 3. Dezember meldet das Robert Koch Institut 74.352 Neuinfektionen. Die bundesweite 7 Tage-Inzidenz steigt leicht auf 442,1. Deutschlandweit wurden binnen 24 Stunden 390 Todesfälle verzeichnet. Aus dem Lagebericht des RKI vom 2. Dezember geht hervor, dass die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patient*innen je 100.000 Einwohner in sieben Tagen bei 5,47 liegt. Insgesamt haben knapp 72 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfung gegen COVID-19 bekommen. Knapp 69 Prozent wurden vollständig gegen COVID-19 geimpft, knapp 15 Prozent haben bereits eine Booster-Impfung erhalten.

Der starke Anstieg der 7-Tage-Inzidenz in den letzten Wochen hat sich laut RKI in der vergangenen Woche nicht fortgesetzt. Dies könne einerseits ein erster Hinweis auf eine sich leicht abschwächende Dynamik im Transmissionsgeschehen aufgrund der deutlich intensivierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung sein. Es könne aber regional auch auf die zunehmend überlasteten Kapazitäten im Öffentlichen Gesundheitsdienst und die erschöpften Laborkapazitäten zurückzuführen sein.

Der hohe Infektionsdruck in der Bevölkerung bleibt laut Institut bei den auch für die 47. KW verzeichneten Inzidenzwerten unverändert bestehen. Dies ziehe einen weiteren Anstieg der schweren Krankheitsverläufe und der Todesfälle nach sich und mache das Auftreten von Impfdurchbrüchen wahrscheinlicher. Weiterhin seien vulnerable Gruppen sowie Menschen in den höheren Altersgruppen am stärksten von schweren Krankheitsverläufen betroffen.

Die aktuelle Entwicklung ist aus Sicht der Experten sehr besorgniserregend und es sei zu befürchten, dass es zu einer weiteren Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfälle kommen wird und die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten überschritten werden. Deshalb solle ab sofort jeder Bürger und jede Bürgerin möglichst alle anwendbaren Maßnahmen umsetzen.

Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Für vollständig Geimpfte wird die Gefährdung als moderat angesehen, steige aber mit zunehmenden Infektionszahlen an.

Einschätzung der Lage in Baden-Württemberg und der Region

Die 7-Tage-Inzidenz betrug am 2. Dezember in Baden-Württemberg 517,6 pro 100.000 Einwohner. Der Anteil der Infizierten >60 Jahre an allen Fällen innerhalb der letzten 7 Tage beträgt weiterhin 14 Prozent, der Anteil der Kinder und Jugendlichen (0 - 19 Jahre) ist auf 29 Prozent gestiegen.

Nach Daten des DIVI-Intensivregisters von Krankenhaus-Standorten mit Intensivbetten zur Akutbehandlung sind Stand 2. Dezember 655 COVID-19-Fälle in Baden-Württemberg in intensivmedizinischer Behandlung, davon werden 345 invasiv beatmet. Der Anteil an COVID-19-Fällen in intensivmedizinischer Behandlung an der Gesamtzahl der betreibbaren ITS-Betten beträgt 29,1 Prozent. Die Hospitalisierungsinzidenz liegt inzwischen bei 6,3 Prozent.

Laut Verwaltungsstab Stadt Karlsruhe haben geimpfte Bürgerinnen und Bürger in der Regel milde Verläufe. Aufgrund der Omikron-Variante sind bereits erste Reiserrückkehrer*innen in angeordneter Quarantäne. Positive Fälle sind bisher in Karlsruhe nicht bekannt.

Die Lage in den Klinken ist demnach weiterhin sehr angespannt. 40 Prozent der Intensivbetten sind laut Verwaltungsstab mit COVID-Patient*innen belegt. Inzwischen müsse eine Unterversorgung der neurologischen und internistischen Akutversorgung hingenommen werden.

Stand 3. Dezember liegt der Inzidenzwert für Karlsruhe Stadt bei 366,7 und im Landkreis bei 492,1 (https://corona.karlsruhe.de/aktuelle-fallzahlen).

Aktuelle Situation im Städtischen Klinikum Karlsruhe

Die Lage im Klinikum ist weiter angespannt. Das Klinikum befindet sich weiterhin in Pandemiestufe 3. Die Anzahl der Patient*innen hat sich seit der Vorwoche auf den COVID-Normalstationen noch einmal erhöht, in den COVID-Intensivbereichen ist die Zahl der Patient*innen gleichbleibend hoch. Die Beschäftigten arbeiten weiter an der Belastungsgrenze, die dünne Personaldecke macht viele Personalverschiebungen in den Bereichen notwendig.

Momentan steht kein freies Intensivbett zur Verfügung. Neben den 11 COVID-Intensivpatient*innen sind 34 Betten durch non-COVID-Intensivpatient*innen/Notfälle belegt. Die Angaben beziehen sich auf den Bereich der Erwachsenen.

Rund 54 Prozent aller aktuell im Klinikum behandelten COVID-Patient*innen sind nicht oder unvollständig geimpft. 42 Prozent sind vollständig geimpft. 4 Prozent verfügen über einen unklaren Impfstatus. Bei den Intensivpatient*innen zeigt sich folgendes Bild: Hier sind 53 Prozent nicht oder unvollständig geimpft, 37 Prozent sind vollständig geimpft. 10 Prozent verfügen über einen unklaren Impfstatus. Das Alter der derzeit intensivmedizinisch betreuten COVID-19-Patient*innen liegt zwischen 32 und 77 Jahren. Die Mortalität der COVID-Intensivpatient*innen mit Aufnahme seit 1.7.2021 liegt bei 33 Prozent.

Weil die Kapazität im Intensivbereich durch den Mangel an Intensivpersonal eingeschränkt ist (rund 29 Prozent der Betten sind gesperrt), wird die maximale Auslastung des Klinikums im Vergleich zu vorangegangenen Wellen deutlich früher erreicht. Es müssen nach wie vor planbare Operationen und internistische Eingriffe verschoben werden.

Aktuelle Personalsituation

Im Bereich des Pflege- und Funktionsdienstes fallen aktuell 199 Mitarbeitende durch Krankheit, Quarantäne oder Beschäftigungsverbot aus. Davon befinden sich 48 Mitarbeitende in Quarantäne oder im Beschäftigungsverbot.

Einsatz von Auszubildenden zum/r Notfallsanitäter*in in den Kliniken der Region Karlsruhe

In einem Pilotprojekt auf Initiative des Landratsamts Karlsruhe gemeinsam mit den Kliniken und dem Deutschen Roten Kreuz haben in der vergangen Woche 17 in Ausbildung befindliche Notfallsanitäter*innen (3. Lehrjahr) testweise die Akutkrankenhäuser der Region unterstützt. Sie kamen auf den Intensivstationen, den Intermediate Care Stationen oder in den Zentralen Notaufnahmen zum Einsatz. Im Klinikum unterstützten fünf davon die COVID-Intensivstationen.

Daniel Schneider, Stellvertreter Kreisgeschäftsführer DRK-Kreisverband Karlsruhe e.V., zieht nach der Probewoche ein positives Resümee. Auch das Klinikum bedankt sich bei den Notfallsanitäter*innen für ihren Einsatz.

Nächste Woche werden die Azubis wieder in den Rettungswägen, in ihrer eigentlichen Ausbildung, eingesetzt. Falls sich die Situation in den Kliniken wieder verschlechtert, werden die in dieser Woche gesammelten Erfahrungen nutzen, um einen erneuten Einsatz der Azubis in den Kliniken einzuplanen.

Das Bild zeigt ein Portrait von Oliver Stilz
Autor: Oliver Stilz