Den Alltag gestalten, Freunde treffen, in die Schule gehen – für junge Menschen mit Anorexia nervosa („Magersucht“) bedeuten diese eigentlich selbstverständlichen Dinge oft große Herausforderungen. Mädchen und junge Frauen, die ihre stationäre Behandlung hinter sich haben, können ab sofort in der Intensivwohngruppe Orexis weiterbetreut werden. Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Städtischen Klinikum Karlsruhe und das Zentrum für individuelle Erziehungshilfen Zefie bündeln in der Wohngruppe ihr Fachwissen und ermöglichen den jungen Patientinnen und ihren Angehörigen damit ein professionelles Angebot. „Die Bewohnerinnen haben rund um die Uhr einen qualifizierten Ansprechpartner vor Ort“, betonte Zefie-Geschäftsführer Oliver Freesemann bei der Eröffnung der Räume.
Die Mädchen wohnen im Schnitt für 24 Monate unweit der Klinik in einem denkmalgeschützten Altbau in Einzelzimmern. Im Zusammenleben können sie wieder ihren Alltag gestalten, Selbständigkeit erlernen, soziale Kontakte aufnehmen sowie in Schule oder Ausbildung gehen.
Dabei werden die Mädchen therapeutisch und pädagogisch begleitet: „Neben Einzel- und Familienangeboten helfen die Therapeuten z.B. mit Angeboten zur Ernährung oder zur eigenen Körperwahrnehmung“, erklärte Meike Bottlender, Klinikdirektor der Kinder- und Jugendpsychiatrie. „Sozialpädagogen unterstützen bei Problemen rund um Schule, Beruf, Finanzen, Freizeit und dem Zusammenleben in der Wohngruppe.“ Ein Schwerpunkt liegt auf erlebnispädagogischen Angeboten wie therapeutischem Klettern, Wandern, Reiten oder Ferienfahrten. Zudem werden die Mädchen medizinisch betreut. In der regelmäßigen Visite überprüfen Ärzte den Gesundheitszustand und wiegen die Bewohnerinnen.
Auch die Eltern profitieren von Orexis: Die Therapeuten und Pädagogen helfen dabei, die Balance zwischen Überfürsorge und zu strenger Kontrolle wiederzufinden. Sie geben den Eltern das Werkzeug, ihre Kinder im familiären Miteinander auf ihrem Weg zu bestärken. Ziel ist es, dass die Bewohnerinnen wieder voll und ganz am Leben teilnehmen. „‘Orexis‘ ist Griechisch und bedeutet ‘Appetit‘ im positiven Sinne“, betonte Freesemann, „Das wollen wir unseren Mädchen mitgeben.“
Gerade der Übergang vom stationären Aufenthalt in die ambulante Therapie ist von großer Bedeutung für den Heilungsverlauf. „Dieses Angebot ist in Karlsruhe einzigartig“, sagte Michael Gleitz, der das Projekt als Fachbereichsleiter Jugendhilfe und Soziale Dienste von Seiten der Stadt Karlsruhe begleitet. „Es ist toll, wie die verschiedenen Akteure hier zusammengearbeitet haben.“ Uwe Spetzger, Geschäftsführer des Städtischen Klinikums, machte sich ebenfalls ein Bild von der Wohngruppe. „Ich bin sehr froh, dass wir den jungen Patientinnen gemeinsam mit Zefie dieses Angebot zusätzlich machen können.“
Noch sind Plätze frei. Fragen zum Angebot und zur Aufnahme beantwortet Bereichsleiterin Suzana Josic-Zouine unter 0721 9660 4115 oder via E-Mail .
P.v.l.n.r.: Oliver Freesemann, Meike Bottlender, Dr. Uwe Spetzger und Michael Gleitz.