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Weichen gestellt trotz schwieriger
Rahmenbedingungen

Das Klinikum präsentiert seinen Jahresabschluss für 2016

Berechnungen des RWI - Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge hat Baden-Württemberg bundesweit den höchsten Anteil an Krankenhäusern mit einem Jahresverlust. Der Anteil liegt bei fast 50 Prozent. Bürgermeister Klaus Stapf und die beiden Geschäftsführer Markus Heming und Prof. Dr. Hans-Jürgen Hennes freuen sich, dass es 2016 unter den bestehenden schwierigen gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen gelungen ist, wichtige Weichen zu stellen und ein positives operatives Ergebnis zu erzielen. Der bilanzielle Jahresfehlbetrag von minus 1,7 Mio. € ist durch viele Besonderheiten der dualen Krankenhausfinanzierung geprägt.

Vor allem die finanziellen Rahmenbedingungen erschweren es Maximalversorgern wie dem Klinikum Karlsruhe den Spagat zwischen Kostendeckung des laufenden Betriebs und erforderlichen Investitionen zu leisten, um mit einem wirtschaftlich guten Ergebnis abzuschließen.

Bei der Bilanzpressekonferenz zeigen der Bürgermeister und die Geschäftsführer Details und Hintergründe zu den erreichten Ergebnissen sowie aktuelle und künftige Entwicklungen im Klinikum auf unter Berücksichtigung der gesundheitspolitischen Herausforderungen.

Fortsetzung des Ausbaus des Status als Maximalversorger der Stadt und der Region unter Berücksichtigung der schrittweisen Umsetzung des Medizinkonzepts

Das Städtische Klinikum Karlsruhe hat mit 1.538 Planbetten und tagesklinischen Plätzen und jährlich mehr als 62.000 stationär und teilstationär versorgten Patienten sowie über 186.000 ambulanten Patienten seinen Status als Maximalversorger weiterhin fest im Blick und setzt sein 2016 verabschiedetes Medizinkonzept mit Fokussierung auf die Versorgung und Behandlung von Patienten mit schwierigen und komplizierten Erkrankungen Stück für Stück um.
Haupteinzugsgebiete sind nach wie vor die Stadt und der Landkreis Karlsruhe sowie der Landkreis Germersheim und der Landkreis Rastatt.

Ergebnisse und Trends bei der Leistungsentwicklung
 
Für 2016 hat sich die Leistungsentwicklung dank des Einsatzes seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter positiv entwickelt. So konnten 2016 im Vergleich zu 2015 erstmals die Fallzahl von 63.303 auf 61.912 gesenkt und der Case-Mix von 63.261 auf 63.780 Punkte erhöht sowie der Case Mix Index von 1,125 auf 1,163 gesteigert werden.
Der Case-Mix dient als Bewertungs- und Vergleichswert sowie als Richtgröße für den Patienten-Mix eines Krankenhauses. Der Case Mix Index (CMI) beschreibt in Abrechnungs- und Managementsystemen, die mit Diagnosis Related Groups (DRG) arbeiten, den durchschnittlichen Schweregrad der in der betreffenden Einrichtung im Laufe eines Zeitraumes behandelten Fälle.
Die Entwicklung im zurückliegenden Geschäftsjahr 2016 verdeutlicht, dass das Medizinkon-zept in seiner Umsetzung bereits erste Früchte trägt.

Entwicklungen bei der Notfallversorgung

Seit Februar 2016 basiert das Konzept zur Notfallbehandlung von Patienten im Erwachsenenalter im Klinikum auf drei Säulen: Zentrale Notaufnahme, allgemeinärztliche Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung und MVZ Hausärztliche Praxis/Notfallversorgung. Mit diesem Ansatz versucht das Klinikum, den in den letzten Jahren deutlich steigenden Patientenzahlen in der Zentralen Notaufnahmen zu begegnen. Ziel des Konzepts ist es, in der ZNA künftig wieder vorrangig Schwerkranke und Schwerverletzte zu behandeln und Patien-ten mit leichteren Erkrankungen in der Notfallpraxis beziehungsweise im MVZ zu versorgen. Für diese strukturelle und strategische Neuausrichtung der Notaufnahme waren eine bauliche Erweiterung der ZNA sowie Vereinbarungen mit der KV erforderlich. Mit dem Einzug der Bereitschaftspraxis der KV in unmittelbarer Nachbarschaft zur ZNA und dem ergän-zenden Behandlungsangebot des MVZ außerhalb der Sprechzeiten der Bereitschaftspraxis ging das Modell vielversprechend an den Start und zeigt mit Blick auf die leicht fallende Anzahl an Notfallbehandlungen in der Gesamtjahresbetrachtung für 2016 erste Erfolge.
Die Entwicklung der Notfallbehandlung bei den Kindern und Jugendlichen zeigt sich weitgehend unverändert zu den Vorjahren.

Jahresergebnis 2016

2016 erzielt das Städtische Klinikum Karlsruhe ein operatives Ergebnis (EBITDA) mit 2,4 Millionen Euro. Der Jahresfehlbetrag beläuft sich für 2016 auf 1,7 Millionen Euro und ist insbesondere von Abschreibungen, Zinsen und Steuern negativ beeinflusst.

Mit Blick auf den Trend, dass Baden-Württemberg laut Berechnungen des RWI − Leipnitz Instituts für Wirtschaftsforschung bundesweit mit fast 50 Prozent den höchsten Anteil an Krankenhäusern mit einem Jahresverlust hat, sind Bürgermeister und Geschäftsführer aktuell erleichtert über das 2016 erzielte Bilanzergebnis. Darüber diesen Abschluss positiv weiterzuentwickeln sind sich alle einig.

Ein Blick auf den BWKG-Indikator vom Januar 2017 zeigt auf, wie besorgniserregend die aktuellen Entwicklungen sind. Der Indikator verdeutlicht einen Rückgang der Kliniken, die wirtschaftlich gut oder mittelmäßig dastehen sowie einen signifikanten Anstieg der Kliniken, deren wirtschaftliche Entwicklung schlecht oder eher schlecht ist.


Herausforderungen der Krankenhausfinanzierung mit Fokus auf die Investitio-nen und die Betriebskosten

Die Krankenhausfinanzierung basiert auf dem Modell der Dualen Finanzierung. Hierbei teilen sich die Bundesländer und die gesetzlichen Krankenkassen die Krankenhausfinanzierung: Die Investitionskosten werden über eine öffentliche Förderung durch die Bundesländer getragen, die Krankenkassen finanzieren die laufenden Betriebskosten im Rahmen der Krankenhausvergütung. Das Krankenhaus hat nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) einen Rechtsanspruch auf staatliche Förderung für Investitionen, wenn es in den Krankenhausplan des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen worden ist. Für die Förderung von Krankenhausneubauten ist darüber hinaus die Aufnahme in ein Investitionsprogramm des Landes erforderlich.

Nach Einschätzung von Prof. Dr. Boris Augurzky, Leiter des Kompetenzbereichs „Gesundheit“
beim RWI - Wirtschaftsforschungsinstitut würde der jährliche Fördermittelbedarf für Kliniken in Baden-Württemberg bei 650 Millionen Euro liegen. Veranschlagt sind für 2017 461,7 Millionen, ergänzt um 63,8 Millionen Euro aus Bundesmitteln durch den Krankenhausstrukturfonds.
Trotz der Aufstockung der Mittel durch den Bund wäre der von Augurzky ermittelte Fördermittelbedarf der Kliniken nicht gedeckt.
Ein Blick auf die für das Klinikum Karlsruhe geplanten Kosten für die Neu- und Umbauten verdeutlicht das Delta zwischen veranschlagtem Kostenbudget und den durch das Land bereitgestellten Fördermitteln. Für den Neubau von Haus I und der Transfusionsmedizin sowie der Küche und Cafeteria sind Kosten in Höhe von 75,2 Millionen Euro eingeplant. Dafür erhält das Klinikum 43,7 Millionen Euro vom Land Baden-Württemberg.
Für die Erneuerung der kompletten Energieversorgung mit Kälte- und Wärmeversorgung, Infrastruktur und Leitungsnetz sind Kosten in Höhe von 33,2 Millionen Euro veranschlagt. Hierfür erhält das Klinikum 13,9 Millionen vom Land Baden-Württemberg. Erneuert wird die gesamte Infrastruktur einschließlich aller Altbauten, die vom Land nur gering gefördert werden.
Für Haus M sind Kosten von 194,2 Millionen Euro eingeplant. Die Fördergespräche laufen aktuell noch mit dem Land.
Darüber hinaus muss das Klinikum aber auch in den laufenden Betrieb beispielsweise in moderne Medizintechnik investieren, um seinem Status als Maximalversorger gerecht zu werden und konkurrenzfähig zu bleiben.

Mit Blick auf die Betriebskosten zeigt sich, dass beispielsweise anfallende Kostensteigerungen durch Tarifabschlüsse nicht durch die Entwicklung des DRG-Budgets gepuffert werden können.
Eine zentrale Komponente zur Erlösbestimmung einer Klinik ist hierbei der Landesbasis-fallwert (LBFW). Der LBFW ist der Grundpreis zur Bestimmung der Krankenhausvergütung. Lohnunterschiede der Bundesländer werden bei der Festlegung des LBFW aktuell nicht berücksichtigt.
Das trifft die Krankenhäuser im „Hochlohnland“ Baden- Württemberg besonders hart und hat erhebliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Kliniken.
Diesen Effekt bekommt auch das Klinikum deutlich zu spüren. Bei einer leichten Steigerung der Vollkraftstellen in den Jahren 2014 bis 2016 mit 3.264 auf 3.274 Vollkraftstellen kämpft es vor allem mit der in den zurückliegenden Jahren stetig steigenden Grundlohnsummen-entwicklung und den in Baden-Württemberg vergleichsweise hohen Löhnen.

Stand der Neubaumaßnahmen

Mit dem Institutsgebäude Haus I2, der Kältezentrale Haus G2 und dem Betten-und Funktionshaus M sind aktuell alle Neubaumaßnahmen in Angriff genommen. Alle Bauaktivitäten befinden sich derzeit im Kosten- und Zeitplan. Die Kältezentrale als zentrale Komponente der künftigen Energieversorgung hat ihren Betrieb Mitte August aufgenommen. Der Innen-ausbau des Institutsgebäudes ist am Laufen. Der Bezug durch die Apotheke und die Abtei-lung für Mikrobiologie und Krankenhaushygiene ist für Anfang 2018 geplant. Der Rohbau von Haus M soll im September starten. Um den Neubau von Haus M, dem Herzstück aller Baumaßnahmen, in Angriff zu nehmen, waren vorab umfangreiche Vorarbeiten erforderlich. So mussten unter anderem ein neuer Versorgungstunnel errichtet, die Hals-Nasen-Ohrenklinik von Haus H nach Haus S umziehen, der ehemalige Operationstrakt der HNO abgerissen sowie An- und Zufahrtswege verändert werden.

Jubiläum und Ausblick auf die Zukunft

Das Klinikum Karlsruhe feiert 2017 sein 110-jähriges Bestehen in der Moltkestraße. Am 30. Juli 1907 wurde das neue Städtische Krankenhaus feierlich eingeweiht. Die Anlage galt zum dortigen Zeitpunkt als eine der modernsten und großzügigsten der Jahrhundertwende. Dies führte in den Anfangsjahren dazu, dass immer wieder Delegationen aus der ganzen Welt nach Karlsruhe kamen, um sich Anregungen für eigene Planungen zu holen. Nach der feierlichen Eröffnung erfolgte zwischen Ende August und Anfang September die Verlegung der Patienten aus dem alten Spital in die Moltkestraße. Mitte September ging das neue Krankenhaus dann in vollem Umfang in Betrieb. Seit nunmehr 110 Jahren versorgt das Klinikum die Stadt Karlsruhe und die Umgebung medizinisch. Es liegen bereits bewegte Zeiten hinter ihm. Über all diese Jahre entwickelte es sich baulich, fachlich, organisatorisch und strukturell stets weiter. Nicht zuletzt ist gerade die bauliche Entwicklung Spiegelbild des ständigen Wandels. Fortschritte in der Medizin, Weiterentwicklungen in der Medizintechnik, gesellschaftlicher Wandel und Veränderungen in der Gesundheitspolitik und Krankenhausfinanzierung, all diese Faktoren nehmen permanent Einfluss auf das Klinikum.

Mit den anstehenden Neubau-, Umbau- und Strukturmaßnahmen soll das aktuelle Klinikareal neu strukturiert werden, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen und konkurrenzfähig zu bleiben. Dreh- und Angelpunkt wird hierbei die „Neue Mitte“ rund um das Bettenhaus M sein. Um dieses zu erreichen sind 2 Bauphasen nötig. Die erste Phase berücksichtigt die genannten Neubauten. Nach Abschluss der Neubauprojekte sind in einer zweiten Phase die Maßnahmen der Bestandsgebäude mit einer Konzentration auf die künftige „Neue Mitte“, rund um den Betten- und Funktionstrakt Haus M vorgesehen.

Für die Stadt Karlsruhe sind die Baumaßnahmen im Klinikum das zweitwichtigste Großbauprojekt. Der Gemeinderat traf alle Entscheidungen hierzu einstimmig. Von 2018 bis 2025 unterstützt die Stadt Karlsruhe das Klinikum mit einem Investitionszuschuss von 90 Millionen Euro, um die zwei wesentlichen Bauphasen bis 2025 zu begleiten.

Um das 110-jährige Jubiläum sowie das bislang Erreichte gemeinsam im Beisein von Bürgermeister Klaus Stapf zu feiern, lädt das Klinikum die Anwohner, die breite Öffentlichkeit wie auch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ihre Familien am 30. September zu einem Jubiläums- und Mitarbeiterfest auf dem Campus in der Moltkestraße ein.

 

Autor: Petra Geiger