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QuMiK-Klinikverbund nimmt Stellung zu aktuellen gesundheitspolitischen Themen

Krankenhäuser stehen vor großen finanziellen Herausforderungen durch die Krankenhaus-Reform

Aufgrund der vielfältigen Neuerungen, die im Gesundheitssystem geplant sind, nimmt der QuMiK-Klinikverbund (Qualität und Management im Krankenhaus) in Baden-Württemberg Stellung zu verschiedenen gesundheitspolitischen Themen. Der Verbund fordert konkrete Unterstützung seitens der Politik und eine angemessene Ausgestaltung der Reformvorhaben im Sinne der Krankenhäuser mit einer bedarfsgerechten Krankenhausstrukturplanung.

Aktuelle Zahlen zeigen eine oft existenzbedrohende Situation für die Krankenhäuser im Verbund: Prognosen der Jahresergebnisse für 2022 belaufen sich auf einen negativen zweistelligen Millionenbetrag. Würde eine wesentliche finanzielle Unterstützung für die Krankenhäuser ausbleiben, könnten die Kliniken nach aktuellen Hochrechnungen für das Jahr 2023 sogar deutlich in einen dreistelligen Minusbetrag rutschen.

Im Zentrum der Diskussionen stehen die drei Themen Krankenhaus-Reform und damit verbundene Änderungen für die Finanzierung von Krankenhäusern, Neuordnung der klinischen Notfallversorgung und Auswirkungen der Ambulantisierung von Krankenhausleistungen.

„Eine Krankenhaus-Reform ist für die Krankenhäuser absolut notwendig. Die personellen und finanziellen Ressourcen im Gesundheitssystem sind bereits seit längerem ausgeschöpft und eine Fortsetzung der bestehenden Mangelverwaltung wird zu einer erheblichen Verschlechterung in der Krankenversorgung führen“ führt Matthias Ziegler, Geschäftsführer des Klinikums Esslingen, aus „Trotz des ambitionierten Zeitplans von Bundesgesundheitsminister Lauterbach wird die politische Ausgestaltung der Krankenhaus-Reform wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen, schließlich geht es darum, die Krankenhausstruktur und deren Finanzierung gemeinsam mit den Bundesländern grundsätzlich neu zu gestalten. Die Finanzierung der Investitionskosten, die aktuell den Bundesländern obliegt und seit vielen Jahren hinter den Bedarfen zurückbleibt, muss dabei unbedingt mitberücksichtigt werden.“

„Gleichzeitig drängt die Zeit, weil wir Krankenhäuser aktuell vor einem Berg an Problemen stehen, wie es das noch nie gegeben hat. Ein Sofort-Programm muss daher zunächst sicherstellen, dass die gewaltige Finanzierungslücke, die uns seit Beginn der Pandemie und des Ukraine-Kriegs in besonderem Maße trifft, geschlossen wird. Dabei müssen insbesondere die geringere Nachfrage, die aktuelle Inflation und die Tariflohnsteigerungen ausgeglichen werden. Es ist für uns daher existentiell, dass bis zum Inkrafttreten der Krankenhaus-Reform der während der Pandemie geltende Ganzjahresausgleich fortgeführt wird.“

Die zuletzt vorgenommenen Eingriffe in die Krankenhaus-Vergütung haben das Erlösvolumen für die baden-württembergischen Krankenhäuser um 375 Mio. Euro abgesenkt. „Diese Beschlüsse der Bundesregierung, die finanziell zu Lasten der Kliniken gehen, müssen vollständig zurückgenommen werden“ so Ziegler.
„In ohnehin unsicheren Zeiten sind die Krankenhäuser und deren Mitarbeiter Grundsatz-Diskussionen um Krankenhäuser und deren Zukunft ausgesetzt. Um weiter handlungsfähig zu bleiben, brauchen wir möglichst rasch eine klare Orientierung“, so Ziegler. „Die Kliniken können sich dann auf die mitunter grundsätzlichen Veränderungen einstellen und, ganz besonders wichtig, die vorhandenen Fachkräfte auf diesem Weg mitnehmen.“

„Die Umsetzung einer erfolgreichen Krankenhaus-Reform ist ganz sicher auch an eine Neustrukturierung der Notfallversorgung, wie wir sie bereits seit Jahren fordern, gekoppelt“, hebt Prof. Dr. Michael Geißler, Medizinischer Geschäftsführer des Städtischen Klinikums Karlsruhe, hervor. Geißler begrüßt daher, dass die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung in ihrer aktuellen vierten Stellungnahme zu ähnlichen Schlüssen kommt. Zu kritisieren sei allerdings, dass im Kommissionspapier eine Reform des Rettungswesens und insbesondere eine Reformierung des Rettungsdienstgesetzes ausgespart wurde.

Momentan basiert die Notfallversorgung auf einem Dreisäulenmodell bestehend aus den Notaufnahmen der Krankenhäuser, der ambulanten Versorgung durch niedergelassene Ärzte sowie dem Rettungsdienst. Allerdings werden die Notaufnahmen immer stärker in Anspruch genommen, weil die Patienten oft nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen, oder weil sie keine zeitnahen Termine bei den niedergelassenen Ärzten bekommen. „Die Lage spitzt sich seit Jahren zu“, verdeutlicht Geißler. „Deshalb müssen wir die Strukturen, Prozesse und Ressourcen so umgestalten, dass die Patienten besser zu der für sie passenden Versorgungsstruktur geleitet werden und damit die Belastung der Notaufnahmen sinkt beziehungsweise eine Fokussierung auf die eigentliche Aufgabe der Versorgung akuter Notfälle ermöglicht wird.“

Die Zukunft der Notfallversorgung sieht Geißler in der Vernetzung der Akteure. Durch eine gemeinsame Leitstelle für den Notruf 112 und die Notfallnummer der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) 116117 solle schon beim Erstkontakt eine intelligente Steuerung der Patientinnen und Patienten einsetzen. „Leicht erkrankte Menschen könnten so an einen niedergelassenen Arzt verwiesen werden und nur akute Notfälle müssten dann noch die Notaufnahmen der Krankenhäuser in Anspruch nehmen“, erklärt Geißler. „Voraussetzungen hierfür sind aber ausreichende personelle Ressourcen, die Möglichkeit telemedizinischer Beratungen und ausreichende Akutkapazitäten im KV-Sektor samt Hausbesuchen.“ Das System müsse auch dazu führen, dass weniger Rettungsmittel entsendet werden müssen, um Ressourcen für echte Notfälle zu generieren.

Zentral sei zudem der Aufbau sogenannter Integrierter Notfallzentren (INZ) an den großen Krankenhäusern, in denen neben der Krankenhaus-Notaufnahme eine KV-Notfallpraxis untergebracht ist, die verbindlich rund um die Uhr besetzt ist.

„Durch die räumliche und organisatorische Zusammenführung der ambulanten und stationären Versorgung im 24/7-Betrieb erwarte ich mir, dass die Notaufnahmen von minderschweren Fällen entlastet werden und die Versorgungsqualität für die Patienten steigt.“ Auch einheitliche validierte Ersteinschätzungs- beziehungsweise Triagesysteme und realistische fachliche Mindeststandards müssten festgelegt werden, sodass im Ergebnis eine flächendeckende Sicherstellung der ambulanten Notfallversorgung gewährleistet ist. Es sei richtig, dabei auch in Richtungen zu denken, die hochqualifizierte Pflegekräfte und Gesundheitsfachberufe jenseits der Mediziner verantwortlich beteiligt.

Im Rahmen der Reform sei es zudem zwingend notwendig, die von den Krankenhäusern bereitgestellten und erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen endlich angemessen zu vergüten. „Mit den bisherigen Vergütungssätzen entsteht den Krankenhäusern mit jeder ambulanten Behandlung ein relevantes Defizit“, beschreibt Geißler: „Die hohen Vorhaltekosten für das Personal, das rund um die Uhr bereitsteht, sowie für teure Großgeräte sind in der Vergütung nicht ausreichend berücksichtigt.“ Zudem müsse sichergestellt sein, dass ausreichend Mittel zur baulichen und personellen Realisierung der zukünftigen Notfallstruktur unter Berücksichtigung der Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses bereitgestellt werden.

Auch wenn der Fokus der Diskussion auf der Erwachsenenversorgung liegt, ist die Situation bei der Notfallversorgung erkrankter und verletzter Kinder nicht weniger akut. Daher ist für Geißler gesetzt, dass ein analoges System auch in der Pädiatrie etabliert werden muss. Insbesondere Videosprechstunden mit Online- Beratung der Eltern hätten ein großes Potential, um auf die Bedürfnisse schnell und direkt eingehen und in vielen Fällen Probleme lösen zu können. Dadurch könnten die notdiensthabenden Ärzte entlastet werden.

Geißler fordert deshalb die zeitnahe Umsetzung dieser Vorschläge. „Schon seit 2018 liegt ein Sachverständigengutachten zur Reform der Notfallversorgung vor, welches dem aktuellen Konzept sehr ähnlich war. Weil der Druck auf die Krankenhäuser und den Rettungsdienst täglich zunehmen, muss die Politik jetzt endlich handeln, den entsprechenden Rahmen schaffen und die Bevölkerung auf diesem Weg mit zielgerichteten Informationskampagnen mitnehmen!“

Dr. Dennis Göbel, Geschäftsführer der Kliniken Landkreis Heidenheim gGmbH, stellte in seinem Vortrag die Entwicklung der ambulanten Operationen im Krankenhaus dar. Die Zahl der ambulanten Operationen sei in den letzten Jahren stetig gestiegen, wobei bislang trotzdem lediglich 23 Prozent der ambulanten Operationen im Krankenhaus erbracht würden (Zahlen aus 2020). Studien zufolge könnten jedoch bis zu 40 Prozent aller Krankenhausfälle ambulant behandelt werden. Klar sei jedenfalls, dass die Zahl der ambulanten Eingriffe künftig dramatisch zunehmen werde, da diese Leistungen – anders als bisher – nur noch dann im stationären Bereich erbracht werden dürften, wenn sogenannte „Kontextfaktoren“ erfüllt sind, die eine stationäre Durchführung anhand von medizinischen oder sozialen Kriterien begründen. Dies prüft der Medizinische Dienst.

Die bislang angekündigten inhaltlichen Veränderungen im sogenannten AOPKatalog sehen perspektivisch mehr als 5.000 verschiedene Prozeduren vor, die zukünftig ambulant erbracht werden könnten. Dies sind nahezu 50 Prozent mehr als bisher. Leider, zitierte Dr. Göbel eine Studie des Deutschen Krankenhaus Instituts (DKI), seien hierbei im Durchschnitt bis zu 34 Prozent der anfallenden Kosten nicht durch Erlöse gedeckt, was bedeute, dass die Krankenhäuser in diesen Fällen finanzielle Verluste erleiden. Krankenhäuser hätten in diesem Zusammenhang einen strukturellen Nachteil gegenüber niedergelassenen Praxen, da deren höhere Personal- und Sachkosten sowie notwendigen strukturellen Vorhaltungen nicht ausreichend finanziert seien.
Somit sei der Anreiz, ambulante Eingriffe im Krankenhaus durchzuführen, mehr als limitiert. „Der Wille, diese durchzuführen, ist aber da“, so der Heidenheimer Klinik-Geschäftsführer. „Sollte es zur Umsetzung des neuen Kataloges für Ambulantes Operieren kommen, droht eine Versorgungslücke. Durch die unzureichende Finanzierung werden die Krankenhäuser ambulante Eingriffe nicht anbieten können und wollen, die niedergelassenen Ärzte werden die zum Teil komplexen Leistungen nicht anbieten können. Eine umfassende, möglichst sektorenübergreifende (Krankenhaus-)Reform ist deshalb dringender denn je.“

 

Der QuMiK-Verbund im Überblick
Der QuMiK-Klinikverbund (Qualität und Management im Krankenhaus) wurde 2001 durch fünf Krankenhausträger in Baden-Württemberg gegründet. QuMiK umfasst mittlerweile 14 kommunale Krankenhausträger in Baden-Württemberg mit 42 Kliniken sowie Gesundheitseinrichtungen und 13.500 Betten, die rund 43.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen. Jährlich werden in den Kliniken des Verbundes circa 500.000 Patienten stationär behandelt. Im QuMiK-Verbund findet ein vielfältiger Wissensaustausch statt. Ziel ist dabei die ständige Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit in den Mitgliedskrankenhäusern. Durch strukturierte Vergleiche und gegenseitiges Lernen vom jeweils Besten stellen sich Geschäftsführer, Ärzte sowie Pflege- und Verwaltungspersonal den Herausforderungen im Gesundheitssystem. In 23 Arbeits- und Fachgruppen werden medizinische, betriebswirtschaftliche und technische Themen von Experten aller Einrichtungen gemeinsam bearbeitet. Fachtagungen und Informationsveranstaltungen runden das Spektrum des Wissensaustausches ab. Die Aktivitäten werden in den regelmäßigen Sitzungen der Geschäftsführer koordiniert. Die Geschäftsstelle der QuMiK GmbH mit Sitz in Ludwigsburg bietet den Mitgliedern administrative Unterstützung.

Weitere Informationen über QuMiK gibt es unter www.qumik.de

Autor: Externer Autor