Presse

Pressegespräch Corona-Pandemie

Lageeinschätzung vom 12. November

Interviewpartner

  • Prof. Dr. med. Franz Kehl, Direktor der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin
  • Sandra Lehnert, Stellvertretende Pflegedirektorin
     

Themenschwerpunkte

  • Einschätzung zur Lage bundesweit
  • Einschätzung zur Lage in Baden-Württemberg und der Region
  • Aktuelle Situation im Klinikum Karlsruhe
     

Einschätzung zur Lage bundesweit

Für den 12. November meldet das Robert Koch Institut 48.640 Neuinfektionen. Die bundesweite 7 Tage-Inzidenz steigt auf 263,7. Deutschlandweit wurden binnen 24 Stunden 191 Todesfälle verzeichnet. Aus dem Lagebericht des RKI vom 11.11. geht hervor, dass die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patient*innen je 100.000 Einwohner in sieben Tagen bei 4,65 liegt. Insgesamt haben 69,9 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfung gegen COVID-19 bekommen. 67,3 Prozent wurden bereits vollständig gegen COVID-19 geimpft.

In der Meldewoche (MW) 44/2021 ist die 7-Tage-Inzidenz im Vergleich zur Vorwoche erneut deutlich in allen Altersgruppen, auch in den höheren, angestiegen. Es ist laut RKI damit zu rechnen, dass sich der starke Anstieg der Fallzahlen innerhalb der nächsten Wochen fortsetzen wird, wenn die Bevölkerung nicht durch die freiwillige Reduktion von potentiell infektiösen Kontakten im privaten Bereich und Beachtung der Basismaßnahmen in allen anderen Lebensbereichen mithilft, den momentanen Infektionsdruck auf alle, geimpfte wie ungeimpfte Personen, zu mindern.

Das RKI bewertet die aktuelle Entwicklung weiterhin als sehr besorgniserregend. Das Institut befürchtet, dass es zu einer weiteren Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfälle kommen wird und die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten überschritten werden können.

Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Für vollständig Geimpfte wird die Gefährdung als moderat, aber aufgrund der steigenden Infektionszahlen ansteigend eingeschätzt.

Einschätzung der Lage in Baden-Württemberg und der Region

Die 7-Tage-Inzidenz betrug am 11. November in Baden-Württemberg 321,3 pro 100.000 Einwohner. Die 7-Tage-Inzidenz für COVID-19 Fälle mit einer abgeschlossenen Impfserie (zweimal geimpft oder mit Janssen geimpft) beträgt 36,2/100.000 Einwohner, gegenüber 892,5/100.000 Einwohner für ungeimpfte und nicht vollständig geimpfte COVID-19-Fälle sowie Fälle ohne Angaben zum Impfstatus.

Der Anteil der Infizierten >60 Jahre an allen Fällen innerhalb der letzten 7 Tage beträgt 14 Prozent, der Anteil der Kinder und Jugendlichen (0 - 19 Jahre) 27 Prozent.

Nach Daten des DIVI-Intensivregisters von Krankenhaus-Standorten mit Intensivbetten zur Akutbehandlung sind Stand 10. November 351 COVID-19-Fälle in Baden-Württemberg in intensivmedizinischer Behandlung, davon werden 170 invasiv beatmet. Der Anteil an COVID-19-Fällen in intensivmedizinischer Behandlung an der Gesamtzahl der betreibbaren ITS-Betten beträgt 15,5 Prozent. Die Hospitalisierungsinzidenz liegt bei 4,9 Prozent.

Auch die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft BWKG berichtet, dass die Kliniken jetzt Schritt für Schritt in den Notfallmodus schalten. Demnach werden immer mehr Normalstationen zu COVID-Stationen umgewandelt, Mitarbeitende werden zu neuen Teams zusammengestellt und die Behandlung von Nicht-COVID-Patient*innen wenn irgend möglich verschoben, um Intensivbehandlungskapazitäten frei zu bekommen. Damit die Kliniken ihre Kräfte auf die Pandemiebekämpfung konzentrieren könnten, fordert die BWKG die unbürokratische Wiedereinführung von Freihaltepauschalen für alle Krankenhäuser, einen verbesserten Ganzjahresausgleich für das Jahr 2021 und eine finanzielle Absicherung der Kliniken für das Jahr 2022 auf gleichem Niveau, die auch eine Fortgeltung der Zuschläge für die Corona-bedingten Mehrkosten enthalten müsse. Gleichzeitig hält auch die BWKG eine Impfpflicht für Mitarbeitende im Gesundheitswesen für sinnvoll.

Stand 12. November liegt der Inzidenzwert für Karlsruhe Stadt bei 313,5 und im Landkreis bei 348,9 (https://corona.karlsruhe.de/aktuelle-fallzahlen).

Innerhalb Baden-Württembergs sind die Cluster Karlsruhe und Stuttgart/Ludwigburg zwischenzeitlich stark belastet. Die anderen Cluster können aktuell noch Patient*innen bei Bedarf übernehmen, sind aber auch bereits gut ausgelastet.

Erschwerend kommt hinzu, dass die derzeitigen Vorgaben des Landes keine Verlegung von Corona-Patient*innen außerhalb Baden-Württembergs in weniger stark ausgelastete Bundesländer vorsehen.

Aktuelle Situation im Städtischen Klinikum Karlsruhe

Die Lage ist unverändert angespannt. Nach wie vor befindet sich das Klinikum in Pandemiestufe 3. Die Anzahl der Patient*innen hat sich seit der Vorwoche sowohl auf den COVID-Normalstationen als auch in den COVID-Intensivbereichen noch einmal erhöht. Momentan steht kein freies Intensivbett zur Verfügung. Neben den 9 COVID-Intensivpatient*innen sind 27 Betten durch non-COVID-Intensivpatient*innen/Notfälle belegt. Die Angaben beziehen sich auf den Bereich der Erwachsenen.

Rund 63 Prozent aller aktuell im Klinikum behandelten COVID-Patient*innen sind nicht oder unvollständig geimpft beziehungsweise verfügen über einen unklaren Impfstatus. Bei den Intensivpatient*innen zeigt sich ein noch deutlicheres Bild: Hier sind 90 Prozent nicht oder unvollständig geimpft beziehungsweise verfügen über einen unklaren Impfstatus. Das Alter der derzeit intensivmedizinisch betreuten COVID-19-Patient*innen liegt zwischen 46 und 72 Jahren. Die Mortalität der COVID-Intensivpatient*innen liegt aktuell bei 32 Prozent.

Weil die Kapazität im Intensivbereich durch den Mangel an Intensivpersonal eingeschränkt ist (rund 35 Prozent der Betten sind gesperrt), wird die maximale Auslastung des Klinikums im Vergleich zu vorangegangenen Wellen deutlich früher erreicht. Es müssen erneut planbare Operationen und internistische Eingriffe verschoben werden.

Die „Konkurrenz“ von Covid- und non-Covid-Patient*innen um Intensivbetten und Behandlungskapazität bereitet dem Klinikum zunehmend Sorgen. Natürlich werden Patient*innen im Zweifelsfall immer behandelt. Sie müssen allerdings damit rechnen, in andere Krankenhäuser zur Weiterbehandlung verlegt zu werden bzw. von vornherein in anderen Krankenhäusern behandelt zu werden.

Eine Priorisierung in der Patientenversorgung ist das Worst-Case-Szenario, was es zu verhindern gilt.

Um hier in der aktuellen Welle von Seiten der Kliniken gegenzusteuern, sind Verlegungen innerhalb des eigenen Clusters, in andere Cluster Baden-Württembergs und in einer weiteren Stufe Bundesland-übergreifend erforderlich. Vor diesem Hintergrund finden auch regelmäßig Abstimmungen auf unterschiedlichen Ebenen statt. Der Krisenstab in Form der so genannten Einsatzleitung tagt zweimal die Woche im Klinikum. Mit den regionalen Kliniken erfolgen innerhalb des Clusters regelmäßige Abstimmungen zur Lage. Ferner findet über den Verwaltungsstab der Stadt Karlsruhe ein regelmäßiger Austausch statt.

Aktuelle Personalsituation

Derzeit sind 21 Mitarbeitende im Klinikum Karlsruhe positiv auf SARS-CoV-2 getestet.

Im Bereich des Pflege- und Funktionsdienstes fallen aktuell 203 Mitarbeitende durch Krankheit, Quarantäne oder Beschäftigungsverbot aus. Davon befinden sich 35 Mitarbeitende in Quarantäne oder im Beschäftigungsverbot.

Großes Interesse an Corona-Auffrischimpfungen für Mitarbeitende

Die ersten internen Auffrischimpfungen am 10. und 11. November sind sehr gut angenommen worden. Bis Ende November werden weitere für Beschäftigte des Klinikums bereitstehen. Sollte über die dann insgesamt ca. 1.200 Boosterimpfungen hinaus noch Bedarf bestehen, werden im Dezember weitere zusätzliche Impftage angeboten. Somit können alle Mitarbeitenden, die dies wünschen, zeitnah die Möglichkeit für eine dritte Impfung erhalten. 

Tagesaktuelle Situation

Link zu den tagesaktuellen Fallzahlen am Städtischen Klinikum Karlsruhe

Das Bild zeigt ein Portrait von Oliver Stilz
Autor: Oliver Stilz