Interviewpartner
- Prof. Dr. med. Franz Kehl, Direktor der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin
- Tobias Herrbrich, Pflegedienstleitung
Themenschwerpunkte
- Einschätzung zur Lage bundesweit
- Einschätzung zur Lage in Baden-Württemberg und der Region
- Aktuelle Situation im Klinikum Karlsruhe
- Prognose für die kommenden Wochen für Baden-Württemberg
- Implementierung der Mobilen Impfteams am Klinikum
Einschätzung zur Lage bundesweit
Der seit Anfang Juli 2021 beobachtete Anstieg der 7-Tage-Inzidenz ist laut Robert-Koch-Institut (RKI) innerhalb der vergangenen zwei Wochen leicht zurückgegangen. Die Fallzahlen seien allerdings deutlich höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Das RKI erwartet einen Anstieg der Infektionszahlen im Herbst und Winter. Gründe dafür seien insbesondere die noch immer große Zahl ungeimpfter Personen und mehr Kontakte in Innenräumen.
Die meisten hospitalisierten Fälle werden laut RKI weiterhin in der Altersgruppe der 35- bis 59-Jährigen übermittelt, gefolgt von der Altersgruppe der 60- bis 79-Jährigen und seit KW 37 der Altersgruppe der 80+-Jährigen.
Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland insgesamt weiterhin als hoch ein. Für vollständig Geimpfte wird die Gefährdung als moderat eingeschätzt. Zum 21.9.2021 haben laut RKI 68 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfung gegen COVID-19 bekommen. Gut 64 Prozent wurden bereits vollständig gegen COVID-19 geimpft. Bei den gegenwärtigen 7-Tage Inzidenzen besteht laut RKI eine relevante Wahrscheinlichkeit für infektiöse Kontakte. Diese können z.B. im Alltag zustande kommen.
Einschätzung der Lage in Baden-Württemberg und der Region
Der Anstieg der Fallzahlen und der 7-Tage-Inzidenz seit Anfang Juli setzt sich aktuell laut Lagebericht des Landesgesundheitsamts (LGA) nicht fort. Der Anteil der Infizierten über 60 Jahre an allen Fällen innerhalb der vergangenen 7 Tage beträgt demnach 10 Prozent. Der Anteil an COVID-19 Fällen in intensivmedizinischer Behandlung an der Gesamtzahl der betreibbaren Intensivbetten liegt laut LGA bei 8 Prozent. Hier ist eine leicht sinkende Tendenz zu beobachten. Absolut gesehen werden 185 COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen behandelt. Die 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz liegt im Land aktuell bei 2,3 und entwickelte sich damit zuletzt seitwärts.
In der Stadt und der Region Karlsruhe entwickelt sich die 7-Tage-Inzidenz ebenfalls seitwärts. Durch die Impfungen kommt es laut Verwaltungsstab der Stadt Karlsruhe kaum zu schweren Verläufen. Vereinzelt würden Infektionsketten in Unternehmen festgestellt.
Tagesaktuell liegt der Inzidenzwert für Karlsruhe Stadt bei 65,2 und im Landkreis bei 93,3 (Corona-Portal Karlsruhe).
Aktuelle Situation im Städtischen Klinikum Karlsruhe
Derzeit befindet sich das Klinikum in Pandemiestufe 2. Stand heute befinden sich 11 COVID-19-Patient*innen auf Normalstation. 4 Patient*innen müssen auf der Intensivstation behandelt werden und sind beatmet. In den vergangenen 14 Tagen war die COVID-Intensivstation durchgehend mit 5 bis 7 Patient*innen belegt.
Grundsätzlich beobachten wir, dass die meisten Patientinnen und Patienten, die wegen einer COVID-19-Erkrankung behandelt werden müssen, entweder ungeimpft sind oder eine Grund-erkrankung hatten, die ihr Immunsystem enorm schwächt. Bei diesen Menschen fällt die Impfantwort oft nicht optimal aus.
Die seit Mitte Juli im Klinikum mit einem positiven Corona-Befund aufgenommenen Patient*innen auf der Normalstation waren zu rund 90 Prozent nicht geimpft. Die derzeit dort in stationärer Behandlung befindlichen ungeimpften Personen sind zwischen 45 und 75 Jahre alt. Die Patient*innen, die trotz einer Impfung wegen COVID-19 auf Normalstation behandelt werden, sind über 80 Jahre alt. Bei ihnen liegt die vollständige Immunisierung bereits einige Monate zurück. Wir halten eine systematische Boosterimpfung daher für medizinisch sinnvoll.
Die COVID-Intensivpatienten, die derzeit im Klinikum versorgt werden, sind zwischen 35 und 80 Jahre alt.
Wir raten Ungeimpften im Einklang mit dem RKI weiterhin dazu, die Angebote zur Impfung – wenn immer möglich – wahrzunehmen. Die Impfung ist der beste und wirksamste Weg, eine schwere COVID-Erkrankung zu verhindern und somit auch die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser für kranke Mitbürger über COVID-19 hinaus sicherzustellen.
Aktuelle Personalsituation
Derzeit sind 9 Mitarbeitende im Klinikum Karlsruhe positiv auf SARS-CoV-2 getestet und unterliegen einem durch das Gesundheitsamt erteilten Beschäftigungsverbot.
Im Bereich des Pflege- und Funktionsdienstes fallen aktuell 149 Mitarbeitende durch Krankheit, Quarantäne oder Beschäftigungsverbot aus. Davon befinden sich 25 Mitarbeitende in Quarantäne oder im Beschäftigungsverbot.
Prognose für die kommenden Wochen für Baden-Württemberg
Das Gesundheitsamt Baden-Württemberg erhebt eine Prognose der COVID-19-Fälle auf den Intensivstationen (ITS). Die ITS-Betten-Prognose schätzt die zu erwartende Anzahl von Patient*innen mit COVID-19 auf Intensivstation unter der Annahme, dass die zum Zeitpunkt der Prognoseabfrage bestehenden Infektionsparameter und -bedingungen unverändert bleiben. Das Modell deutet derzeit auf eine Entwicklung in den nächsten zwei Wochen in Richtung eines Wertes von ca. 220 Fällen hin. Die Berechnungen erfolgen auf der Basis des Modells des Instituts für Infektionsprävention und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Freiburg. Berücksichtigt werden dabei unter anderem die landesweite Inzidenz, der R-Wert, die Impfquote und die ITS-COVID-19-Bettenbelegung des DIVI-Intensivregisters.
Das Klinikum Karlsruhe orientiert sich daneben an Prognosen der Universität Ulm, die sich bislang als sehr realitätsnah erwiesen haben.
Pressemitteilung zur Implementierung der Mobilen Impfteams am Klinikum
Zur Unterstützung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Betriebsärztinnen und Ärzte werden ab 1. Oktober in Baden-Württemberg insgesamt 30 Mobile Impfteams (MIT) vorgehalten, die an zwölf Krankenhäuser angebunden sind. Eines der Krankenhäuser ist das Städtische Klinikum Karlsruhe, da die entsprechende Logistik anbieten kann. Mehr Informationen erhalten Sie in dieser Pressemitteilung.