Während der Bundesgesundheitsminister wegen der erheblichen finanziellen Unterstützung der Krankenhäuser in der Corona-Pandemie zunehmend in die Kritik gerät, stehen die kommunalen Maximalversorger mit dem Auslaufen der Ausgleichszahlungen für leere Krankenhausbetten am 15. Juni vor einem wirtschaftlichen Scherbenhaufen. Zu hinterfragen ist also nicht, dass diese Hilfen bereitgestellt wurden, sondern vielmehr wo sie gelandet sind.
Eine interne Erhebung der Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser e.V. (AKG-Kliniken) zeichnet eine verheerende Bilanz der Corona-Pandemie in den Jahresergebnissen der kommunalen Maximalversorger. „Im ersten Jahr der Pandemie hat sich das Jahresergebnis unserer Krankenhäuser um durchschnittlich 6 Mio. € verschlechtert“, fasst Dr. Matthias Bracht, Vorstandsvorsitzender der AKG-Kliniken die Ergebnisse zusammen und betont dabei, dass auf dieser Basis kaum ein Krankenhaus einen positiven Jahresabschluss vorweisen kann. „Für das Jahr 2021 erwarten unsere Mitglieder eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation, die auch durch die rückläufigen Ausgleichszahlungen zu begründen ist“, blickt Dr. Bracht mit Sorge in die Zukunft. Damit belegen die AKG-Kliniken das düstere Bild, dass auch der Deutsche Städtetag am heutigen Tage in seinem Appell an die Bundespolitik sendet. „Die Bundes- und Landespolitiker haben sich in der Pandemie auf das Verantwortungsbewusstsein der kommunalen Maximalversorger verlassen, ohne für eine ausreichende Zukunftssicherung zu sorgen“, fasst Nils Dehne, Geschäftsführer der AKG-Kliniken die Stimmungslage in den betroffenen Krankenhäusern zusammen. Ein undifferenzierter Blick auf alle Krankenhäuser gemeinsam reicht zur Bewertung der tatsächlichen Lage nicht aus. So verweist der Expertenbeirat auf einen kalkulierten Mehrerlös der Krankenhäuser durch die Ausgleichszahlungen im Jahr 2020 von rund 2 % auf Basis eines Fallzahlenrückgangs von knapp 13 % gegenüber dem Jahr 2019. Die Lastenverteilung bei der Pandemiebewältigung war jedoch vollkommen unterschiedlich. „Krankenhaus ist eben nicht gleich Krankenhaus“, wird der Geschäftsführer noch deutlicher.
Tatsächlich beträgt der Fallzahlenrückgang in den AKG-Kliniken durchschnittlich rund 15 %. Die Ausgleichszahlungen aus Bundesmitteln konnten die damit verbundenen Verluste nicht vollständig kompensieren. Dies liegt bei den kommunalen Großkrankenhäusern insbesondere daran, dass in diesen Kliniken im Regelbetrieb ganz überwiegend schwere und langwierige Fälle behandelt werden. Die Systematik der Ausgleichszahlungen konnte diese Differenzierung nicht in geeigneter Weise abbilden. Durch die politisch gewollte Zentralisierung der Covid-Versorgung in Krankenhäusern mit ausgewiesener notfall- und intensivmedizinischer Expertise hat sich diese Tendenz im Jahr 2021 weiter verschärft. Mit dem Auslaufen der Ausgleichszahlungen stehen insbesondere die Krankenhäuser unter Druck, die auch heute noch zahlreiche Covid Patienten auf ihren Stationen versorgen, während sich andere Krankenhäuser schon längst im Regelbetrieb befinden.
„Die kommunalen Maximalversorger haben weit über die Patientenversorgung hinaus zur Bewältigung der Pandemie beigetragen“, appelliert Dr. Bracht an die Politik und fordert ein Umdenken in der Krankenhausfinanzierung: „Als Krisenstab, in der regionalen Patientensteuerung, bei der Materiallogistik und in Test- oder Impfzentren haben wir frühzeitig Verantwortung für die Gesundheitsversorgung unserer Regionen übernommen. Das entspricht dem Selbstverständnis der kommunalen Daseinsvorsorge. Es geht uns nicht um eine attraktive Leistungsvergütung, sondern um eine nachhaltige Anerkennung unserer Versorgungsrolle.“ Unter Berücksichtigung aller Mehraufwände und aller entfallenen Erlöse der kommunalen Großkrankenhäuser hätten die Ausgleichszahlungen für jedes freie Bett in diesen Häusern rund 100 € höher ausfallen müssen.
„Eine unabhängige Strukturfinanzierung auf Basis klar definierter Versorgungsrollen der verschiedenen Krankenhäuser hätte viele Fehlentwicklungen in der Pandemie vermeiden können“, ergänzt Dehne mit Blick auf die gesundheitspolitische Agenda in der nächsten Legislaturperiode. Der anhaltende Reformstau in der Krankenhauslandschaft ist vielleicht der größte Vorwurf, der den politischen Entscheidungsträgern in diesen Tagen entgegenzuhalten ist. Wer Verantwortung übernimmt, darf nicht im Nachgang bestraft werden. Das gilt auch für einen Minister.
Die AKG-Kliniken
Die AKG-Kliniken sind ein Interessenverbund von 25 Großkrankenhäusern und Krankenhausverbünden aus dem gesamten Bundesgebiet mit einem Umsatz von rund 9,7 Milliarden Euro. Sie repräsentieren derzeit fast 43.500 Betten und vertreten damit über 9,0 % der gesamtdeutschen Krankenhausversorgung. Gut 1,8 Millionen Patienten im Jahr werden in den Häusern der AKG-Kliniken von nahezu 123.500 Mitarbeitenden vollstationär behandelt. Alle Mitglieder sind Maximalversorger in kommunaler Trägerschaft und decken damit das gesamte medizinische Spektrum ab. Als kommunale Krankenhäuser erbringen die Mitglieder der AKG-Kliniken eine wichtige Leistung für die Versorgung der gesamten Bevölkerung, von der Grund- bis zur Maximalversorgung. Damit leisten sie einen wichtigen gesundheitspolitischen Beitrag. Die Gewinne werden reinvestiert und nicht an Investoren abgeführt. So bleiben die Gelder den Regionen erhalten.