Im Rahmen der diesjährigen Herzwochen haben drei Karlsruher Herzexperten der ViDia Christliche Kliniken, des Städtischen Klinikums und der Helios Klinik für Herzchirurgie telefonisch Fragen rund um das schwache Herz beantwortet. Prof. Dr. Jacobshagen, Prof. Dr. Schmitt und Prof. Dr. Mehlhorn haben für Betroffene und Interessierte die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt:
Prof. Dr. Claudius Jacobshagen, Direktor der Klinik für Kardiologie, Intensivmedizin und Angiologie, ViDia Christliche Kliniken Karlsruhe
Ein 67-jähriger Mann berichtet, dass bei ihm eine mittelgradige Verengung der Aortenklappe festgestellt worden sei. Er sei sehr besorgt, ob nun eine große Herzoperation erfolgen müsse. Er habe keine Beschwerden und könne problemlos Sport treiben.
„Da kann ich Sie beruhigen. Mittelgradige Verengungen oder Undichtigkeiten von Herzklappen müssen nicht behandelt werden. Diese machen in der Regel auch keine Beschwerden. Allerdings sollten zweimal im Jahr Ultraschalluntersuchungen (Echo) beim Kardiologen erfolgen. Wenn eine Klappe hochgradig verengt oder undicht ist und Beschwerden auftreten, muss gehandelt werden. Hierbei können heutzutage die meisten Herzklappenfehler mit einem Kathetereingriff, d. h. ohne offene Operation, behandelt werden. Hierzu gibt es Kardiologen, die auf Herzklappeninterventionen spezialisiert sind.“
Eine 60-jährige Frau berichtet, dass sie im vergangenen Jahr Wasser in der Lunge gehabt habe. Es sei eine Herzmuskelschwäche, eine undichte Mitralklappe und Herzrasen festgestellt worden. Seitdem müsse sie viele Tabletten einnehmen. Sie fragt, ob die Tabletten immer noch notwendig seien, obwohl es ihr wieder bessergehe.
„Eine Herzmuskelschwäche ist eine ernsthafte Erkrankung. Allerdings gibt es hervorragende Medikamente, um die Lebenserwartung und die Symptome zu verbessern. Auf keinen Fall sollten die Medikamente ohne Rücksprache mit einem Kardiologen abgesetzt werden. Dies sollte halbjährlich überprüft werden. Die undichte Mitralklappe muss von einem Klappenexperten überprüft werden. Möglicherweise kann diese mit einem Kathetereingriff repariert werden, um die Herzleistung weiter zu verbessern.“
Ein 76-jähriger Patient berichtet, dass er vor dreißig Jahren Bypässe bekommen habe. Er habe bereits mehrere Herzinfarkte erlitten und die Herzleistung betrage nur noch 30 %. Beim Golfspielen habe er in letzter Zeit ein Druckgefühl auf der Brust, welches in Ruhe wieder verschwinde. Wie ist vorzugehen?
„Durch die Herzinfarkte ist die Pumpleistung des Herzens bereits sehr eingeschränkt. Das belastungsabhängige Druckgefühl auf der Brust ist ein Hinweis auf eine erneute Verengung von Herzkranzgefäßen. Daher sollte dringend ein Kardiologe aufgesucht werden. Ein erneuter Herzinfarkt muss dringend vermieden werden, da die Herzleistung bereits sehr eingeschränkt ist. Verengte Kranzgefäße sind nach wie vor die häufigste Ursache für eine Herzmuskelschwäche. Diese Situation muss sehr ernst genommen werden.“
Prof. Dr. Claus Schmitt, Direktor der Medizinischen Klinik IV, Kardiologie, Angiologie & Internist. Intensivmedizin, Städtisches Klinikum Karlsruhe
Eine 72-jährige Frau berichtet über eine Medikamentenunverträglichkeit bei der Einnahme von Amiodaron und ist sich unsicher, ob sie das Medikament weiter einnehmen soll.
Bei der Behandlung des Vorhofflimmerns kommen drei Therapieoptionen zum Einsatz: die medikamentöse Therapie, die elektrische Kardioversion oder eine Ablationstherapie.
Bei der medikamentösen Therapie werden sogenannte Antiarrhythmika eingesetzt. Hierzu zählt auch das Medikament Amiodaron, was sich im Vergleich zu anderen Antiarrhythmika als sehr effektiv bei der Behandlung des Vorhofflimmerns erweist, aber mit Nebenwirkungen beispielsweise an Schilddrüse, Lunge und Leber einhergehen kann.
In Abhängigkeit von Alter und Begleiterkrankungen ist abzuwägen, welche Therapieoption zu wählen ist und ob es im Hinblick auf die medikamentöse Therapie Alternativen gibt.
Begleitend zu den genannten Therapieoptionen sollten kardiovaskuläre Begleiterkrankungen behandelt sowie blutverdünnende Medikamente eingenommen werden.
Ein 67-jähriger Mann ist nach einer zunächst erfolgreich verlaufenen Ablation verunsichert, wie weiter zu verfahren ist, da aktuell erneut ein Vorhofflimmern bei ihm festgestellt wurde.
Trotz erfolgreich verlaufener Ablation kann nach dem Eingriff erneut ein Vorhofflimmern auftreten. Dies kann mit dem Heilungsprozess im betroffenen Bereich verbunden sein. Darum wartet man in den ersten drei Monaten nach dem Eingriff zunächst ab, um abschließend zu entscheiden, ob die Behandlung ein Erfolg beziehungsweise Misserfolg war. Klingt das Vorhofflimmern nach dieser Zeit nicht ab, kann eine erneute Ablation erwogen werden.
In jedem Fall sollten nach dem Eingriff regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen erfolgen.
Eine 77-jährige Frau erlitt kürzlich eine Synkope unklarer Genese. Sie erkundigte sich, wie es zu einer solchen Synkope kommen kann und wie man sie diagnostiziert.
Die Ursachen für Synkopen können vielfältig sein. Neben Kreislaufregulationsstörungen kommen auch neurologische oder kardiologische Faktoren in Betracht. In jedem Fall gilt es abzuklären, ob es sich bei einer Bewusstlosigkeit um eine potentiell lebensbedrohliche kardiale Synkope gehandelt hat. Hierzu stehen neben der ärztlichen Anamnese, die Diagnostik über EKG, Langzeit-EKG bis hin zu einer Elektrophysiologischen Untersuchung (EPU) zur Verfügung. Zeigt sich im Zuge der Diagnostik, dass Reizleitungsstörungen vorliegen, sprich die elektrische Erregungsleitung über das Reizleitungssystem des Herzens verzögert ist, kann die Implantation eines Herzschrittmachers erforderlich werden.
Prof. Dr. Uwe Mehlhorn, Ärztlicher Direktor und Chefarzt Herzchirurgie und Intensivmedizin, Helios Klinik für Herzchirurgie Karlsruhe
Kann im Alter von über 80 Jahren noch eine Aortenklappen-Operation durchgeführt werden?
„Ja, es besteht die Möglichkeit einer schonenden, minimal-invasiven Katheter-geführten Aortenklappen-Implantation (TAVI). Diese wird heute fast immer in Lokalanästhesie, also ohne Vollnarkose durchgeführt. Ein kleiner Schnitt an der Leiste oder der linken Brust reicht aus, um mit Hilfe eines Katheters eine biologische Ersatzklappe einzusetzen. Biologisch bedeutet, dass die Klappe aus tierischem Gewebe besteht, das sorgfältig gereinigt und speziell behandelt wurde, sodass es länger haltbar ist. Auf Grund des schonenden Operationsverfahren können wir auch hochbetagte Patientinnen und Patienten sicher operieren.“
Wie lange halten Bypässe am Herzen?
„Bei einer Bypass-Operation werden körpereigene Blutgefäße, als Umgehung von Verengungen oder Verschlüssen, auf die Herzkranzgefäße genäht, sodass das Blut wieder ungehindert zum Herzen fließen kann. Die Gefäße, die als Umgehungskanäle zum Einsatz kommen, werden während der Operation entnommen. Die linke und rechte Brustwandarterie erzielen die besten Langzeitergebnisse. Denn sie sind nach 10 Jahren noch zu ca. 95% offen. Venen vom Bein hingegen sind dann nur noch zu ca. 50% offen. Daher werden in der Herzchirurgie in Karlsruhe standardmäßig die Brustwandarterien verwendet, um Bypässe zu legen.“
Ich bin 62 Jahre alt und bei mir ist Herzinsuffizienz im Endstadium diagnostiziert worden. Mit Medikamenten bin ich austherapiert sagt mein Hausarzt, was kann ich noch machen?
„Herzinsuffizienz bedeutet, dass der Herzmuskel zu schwach ist, um genügend Blut durch den Körper zu den Organen zu pumpen. Bei Herzinsuffizienz, die mit Medikamenten nicht weiter behandelbar ist, kann evtl. ein sogenanntes kardiales Re-Synchronisations-System implantiert werden. Ähnlich einem Herzschrittmacher, kann es die Pumpfunktion des Herzens etwas verbessern. Wenn das nicht hilft, besteht die Möglichkeit eine Herz-unterstützende Pumpe, ein sogenanntes „Kunstherz“ zu implantieren. Es unterstützt die Pumpfunktion der linken Herzkammer komplett, sodass der Körper wieder mit genügend Blut und somit mit Sauerstoff versorgt wird. Kunstherzimplantationen zählen zu den Routineeingriffen der Herzchirurgie Karlsruhe.“
Deutlicher Appell an Patienten:
Bei Herzbeschwerden rechtzeitig zum Arzt gehen. Praxen und Kliniken haben hohe Hygienestandards!
Die drei Experten haben berichtet, dass einige Betroffene aus Angst vor einer Infektion mit dem Corona-Virus Kontrolluntersuchungen absagen oder auch bei Symptomen den Krankenhausaufenthalt hinauszögern. Dies kann insbesondere bei Herzerkrankungen schwerwiegende Folgen haben. Deshalb sollten Beschwerden immer zeitnah von einem Arzt abgeklärt werden und Kontrolluntersuchungen unbedingt wahrgenommen werden. Kliniken unterliegen strengen Auflagen und Hygienemaßnahmen, um Patienten und Mitarbeiter vor einer Infektion zu schützen.
Bildunterschrift: (von li.) Prof. Dr. Uwe Mehlhorn, Prof. Dr. Claudius Jacobshagen und Prof. Dr. Claus Schmitt beantworten telefonisch Fragen rund um das schwache Herz