Das neue Behandlungskonzept richtet sich an ältere Menschen, die altersbedingt an verschiedenen Erkrankungen gleichzeitig leiden und deren Gesundheitszustand im Zuge eines stationären Aufenthalts deshalb fachübergreifend aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden muss.
„Wir sprechen von einer geriatrie-typischen Multimorbidität, wenn ein Patient oder eine Patientin unter mehreren behandlungsbedürftigen Erkrankungen leidet und deshalb in alltäglichen Dingen wie der Mobilität, der Nahrungsaufnahme oder seiner geistigen Fähigkeiten eingeschränkt ist“, erklärte Prof. Georg Gahn, Direktor der Klinik für Neurologie am Klinikum, anlässlich der Stationseröffnung. „Angesichts der alternden Gesellschaft rücken daher interdisziplinäre altersspezifische Behandlungsansätze während eines stationären Krankenhausaufenthalts zunehmend in den Mittelpunkt.“
Typische Symptome geriatrischer Patienten sind beispielweise Immobilität, Sturzneigung, Mangelernährung, chronische Schmerzen, Depressionen oder Angstzustände, Inkontinenz, eine starke Sehbehinderung oder Schwerhörigkeit. Gahn zufolge wurden solche Patienten bislang je nach vorherrschender Erkrankung in den jeweiligen medizinischen Fachabteilungen des Klinikums behandelt. Mit der Etablierung der geriatrischen Station fließen nun die Kenntnisse von Neurologen, Unfallchirurgen, Nephrologen, Pulmologen und der Pflegenden aber auch von Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden abhängig von den individuellen Bedürfnissen des Patienten an einer Stelle zusammen.
„Mit der Akutbehandlung, an die sich gegebenenfalls direkt eine frührehabilitative Komplexbehandlung anschließt, soll die Behandlungsqualität etwa nach Altersfrakturen verbessert werden“, sagte Dr. Aline Metz, ärztliche Leiterin der Geriatriestation. Ziel ist es, das körperliche, psychische und soziale Befinden des Patienten während des Klinikaufenthalts so zu stabilisieren, dass er in sein gewohntes häusliches Umfeld oder eine geriatrische Rehabilitation entlassen werden kann. Zur Erreichung des Ziels werden bereits am ersten Tag des Stationsaufenthalts die individuellen Behandlungswege und -ziele festgelegt, über die sich Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten in wöchentlichen Teambesprechungen austauschen und sie bei Bedarf je nach Entwicklung anpassen.
Die pflegerische Versorgung der geriatrischen Patienten spielt dabei nach Aussage von Pflegedirektorin Elvira Schneider eine ganz entscheidende Rolle. „Grundlage ist die aktivierend-therapeutische Pflege in der Geriatrie, kurz ATP-G, in der der Schwerpunkt auf der Anleitung des Patienten liegt.“ Dieser soll nur so viel Unterstützung durch die Pflegekräfte bekommen wie nötig. „Uns ist es wichtig, die Ressourcen jedes Patienten zu erkennen, zu nutzen und zu fördern“, verdeutlicht die pflegerische Stationsleitung Ute Mayer. „Aufgrund des vorgesehenen und erforderlichen Personalschlüssels steht uns deshalb für jeden einzelnen Patienten mehr Zeit zur Verfügung, so dass wir ihren besonderen Behandlungsanforderungen viel besser gerecht werden können.“
„Ich habe persönlich in meiner beruflichen Laufbahn sehr viele positive Erfahrungen mit interdisziplinären Geratriekonzepten gesammelt und freue mich, dass wir – und ich danke hier allen Beteiligten – in sehr kurzer Zeit diese Geriatriestation bauen und in Betrieb nehmen konnten. Ich bin fest davon überzeugt, dass die schon heute sehr wichtige geriatrische Medizin in praktisch allen medizinischen Fachbereichen in den nächsten Jahren an Bedeutung für die Patientenversorgung zunehmen wird“, betonte der medizinische Geschäftsführer Prof. Michael Geißler bei der Eröffnung der Geriatriestation in Haus D. Den Patienten stehen dort künftig 20 Betten in Zweibettzimmern sowie ein zentraler Aufenthaltsbereich für gemeinsame Aktivitäten oder Mahlzeiten zur Verfügung. Darüber hinaus verfügt die neu konzipierte Station über eigene Therapieräume für Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie sowie Trainingsgeräte zur Mobilisierung. Dies unterstreicht noch einmal die Wichtigkeit der Physio-, Ergo- und Logopädie bei der Wiederherstellung beziehungswiese des Erhalts größtmöglicher Selbständigkeit des älteren Menschen bei seiner Lebensführung.
„Um den Übergang nach dem klinischen Aufenthalt zu planen, arbeiten wir eng mit unserem Patientenberatungs- und Sozialdienst zusammen, der die notwendigen Hilfen und Maßnahmen für die Zeit nach der Entlassung mit den Patienten und Angehörigen abstimmt“, ergänzt Oberärztin Metz. „Das gibt Patienten wie auch Angehörigen das Gefühl, mit der Situation nicht alleine gelassen zu werden.“
Autoren: Petra Geiger, Oliver Stilz, Shirley Gläsner