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Unsichtbar, schonend und zuverlässig

Klinikum Karlsruhe setzt bei Herzschrittmachern zunehmend auf modernste minimalinvasive Lösungen

Rund 77.000 Menschen in Deutschland erhalten jedes Jahr einen Herzschrittmacher. Die Mehrzahl davon konnte bislang nur mit einem herkömmlichen System versorgt werden, bei dem Elektroden von außen ins Herz führen. Seit 2015 nutzen die Kardiologen am Städtischen Klinikum Karlsruhe – damals als erstes Krankenhaus in Baden Württemberg – einen sondenlosen Einkammer-Herzschrittmacher, der minimalinvasiv direkt ins Herz implantiert wird. Seit neuestem ist das Gerät nun auch als Zweikammer-System erhältlich. Der Micra™-AV, der von der Größe her mit einer Vitamintablette vergleichbar ist, sorgt bei Patienten mit verlangsamtem Herzschlag für Synchronität zwischen Vorhof und Herzkammer.

„Wir können damit Patienten, bei denen die Erregungsleitung zwischen Vorhof und Herzkammer am so genannten Atrioventrikularknoten (AV-Knoten) gestört, gleichzeitig aber der Sinusrhythmus erhalten ist, erstmals einen Schrittmacher anbieten, der komplett im Herzen arbeitet und damit unsichtbar ist“, erklärt Dr. Matthias Merkel, Leitender Oberarzt der Medizinischen Klinik IV am Klinikum Karlsruhe. Das System, das mittels Katheter über die Leistenvene ins Herz gelangt, ist 93 Prozent kleiner als ein herkömmlicher Schrittmacher, wiegt lediglich 2 Gramm und verfügt dabei trotzdem über alle Möglichkeiten der bisherigen Systeme.

Das Implantat gibt elektrische Impulse ab, die das Herz stimulieren. Ein integrierter Sensor misst dabei kontinuierlich die Herzaktivität und -taktung. „Die Batterien laufen in der Regel 8 bis 13 Jahre, dann ersetzen wir das System“, ergänzt Merkel. „Bis dahin haben die Patienten deutlich weniger Aktivitätseinschränkungen, weil es dank des minimalinvasiven Eingriffs keine Operationsnarbe gibt, keine chirurgische Tasche unter der Haut erstellt werden muss und keine Elektroden ins Herz führen.“

Die Sonden, die beim konventionellen System die Impulse ins Herz führen, werden mit dem Herzschlag etwa 100.000 Mal pro Tag bewegt und haben daher eine begrenzte Haltbarkeit: Es droht nach Jahren ein Elektrodenbruch oder die Kontraktverschlechterung im Herzen. Das neue System macht Elektroden komplett überflüssig.

„Der Einsatz des Micra-AV ist ein großer Fortschritt in der medizinischen Versorgung von Schrittmacherpatienten“, sagt Prof. Claus Schmitt, Direktor der Medizinischen Klinik IV. „Das kathetergestützte Verfahren ist sehr sicher und es kommt sehr selten zu Infektionen. Nach bisherigen Erfahrungen mit dem implantierbaren Einkammergerät lässt sich die Komplikationsrate in etwa halbieren.“

Das Bild zeigt ein Portrait von Oliver Stilz
Autor: Oliver Stilz